Ich bin ja nicht so der Fan vom Besichtigen von Großstädten in einem Tag, aber auf der Mittelmeer-Route wimmelt es nur so vor Großstädten und wir haben eine Menge Ausflüge dahin im Programm. Ganz oben auf der Liste der „Must-Sees“ steht für die meisten unserer Gäste natürlich Rom. Üblicherweise gehen um die 3.000 Gäste von Bord in Civitavecchia, davon 2.000 auf Ausflug und hundert davon irgendwo hin, wo nicht Rom ist.
In Civi liegen wir normalerweise nicht allein. In der Sommerferien-Saison waren wir einmal sieben Schiffe im Hafen, und wir waren nicht annähernd das größte davon. Wenn man also ein bisschen rechnet und sagt, die durchschnittliche Gästezahl eines Schiffes im Hafen ist 3.000 und Zweidrittel der Gäste gehen nach Rom, dann sind wir für diesen einen Tag bei knapp 15.000 Menschen, die von Civi aus für ein paar Stunden nach Rom fahren! Und die fehlen ja nicht einfach in Civi – die müssen ja auch irgendwo in Rom untergebracht werden. Also könnt ihr euch vorstellen, wie knallvoll die Stadt ist an diesem einen Tag, den wir dort verbringen. In unseren Sommerferien hat auch Italien Sommerferien, also sind wenigstens die Römer nicht in Rom. Sobald unsere Sommerferien rum sind, sind die wieder da. Es wird also auch nicht wirklich besser.
Rom ist eine beeindruckende Stadt. Man sagt ja auch „Ewige Stadt“, hauptsächlich wegen der wahnsinnigen Vielfalt an architektonisch wertvollen Bauten. Rom wurde nicht zerbombt und auf den Resten einer früheren Generation hat die neue Generation oben drauf gebaut, deswegen sieht man heute noch alles von den Beginnen Roms bis in die Neuzeit. Das Pantheon zum Beispiel wurde vor gut 2.100 Jahren gebaut. Das ist noch vor dem Beginn unserer Zeitrechnung! Und das steht da einfach so mitten in der Altstadt rum und soo alt sieht es nicht mal aus. Ich war noch nicht im Pantheon drinnen, aber es hat eine Kuppel obendrauf, die noch heute was ganz besonderes ist. Mit einem Durchmesser von 43 Metern ist das sowieso eine Wahnsinns-Leistung, in der damaligen Zeit sowas bauen zu können. Das ganze ist aus Beton gebaut und unverstärkt. Wie das überhaupt halten kann und wie jemand drauf kommt, sich sowas damals zuzutrauen, ist schon krass. Oben in der Kuppel ist ein Loch von 9 Metern Durchmesser, dadurch floss früher Regenwasser ein und damit das wieder abfließen konnte, läuft der Boden der runden Halle darunter in der Mitte leicht nach unten zu und hat Abflüsse installiert. Wahnsinn!
Nicht alle alten Bauwerke wurden so oft renoviert, erweitert und erneuert wie das Pantheon natürlich. Es gibt alte Marktplätze und Tempel, von denen nur noch die Ruinen stehen. Oder der Palatin, einer der sieben Hügel, auf denen Rom erbaut wurde; auch der zeigt nur noch Ruinen, dafür aber aus 2.000 Jahren römischer Geschichte. Der Legende nach wurde auf dem Palatin die alte Stadt Rom von Romulus gegründet. Schon davor vermutet man erste Siedlungen dort aufgrund der perfekten Lage: ein bisschen erhöht und direkt am Tiber-Ufer mit direkter Verbindung zum Meer. Die Geschichte der Besiedlung des Palatin soll bis 900 vor Christus zurückgehen. Weil Romulus auf dem Hügel leben sollte, wollte auch Kaiser Augustus sein Haus hier haben. Und das wurde zur Tradition und alle darauffolgenden Kaiser und Könige und Aristokraten bauten ihre Prunkhäuser hier. Die Paläste der Kaiser haben tatsächlich das Wort „Palast“ erst erfunden, da sie alle auf dem Palatin waren und daraus das italienische Wort „palazzo“ entstand.
Direkt unterhalb des Palatin liegt ein kleines Tal, das von den Römern als Freizeitstätte genutzt wurde. Perfekt gelegen direkt vor den Kaiserpalästen natürlich besonders gut geeignet für die
Lieblingsbeschäftigung der Römer: Sport und Spiel. Ganz beliebt waren die Kutschenrennen, wie wir sie aus diversen Römer-Filmen kennen. Sehr besonders sieht der Circus Maximus heute nicht mehr
aus: einfach eine leere Fläche mit einem kleinen Rest der alten Tribüne an einem Ende. Auch schon gebaut vor über 2.000 Jahren und vermutlich bis heute das größte Stadion aller Zeiten. Es heißt,
es hatten 200.000 Zuschauer Platz.
Nicht nur in der Mitte des Circus Maximus, sondern überall in der Stadt verteilt, kann man heute noch Obelisken stehen sehen. Die Römer standen total auf alles, was ägyptisch war. Wenn jemand auf
Beutezug in Ägypten unterwegs war, brachte er als Souvenir einen Obelisken mit oder eine Löwenstatue oder sowas. Noch heute stehen in Rom sieben originale ägyptische Obelisken und das sind mehr
als irgendwo sonst auf der Welt, einschließlich Ägypten. Man sieht sehr viel mehr wenn man in der Stadt unterwegs ist, aber wie das eben so ist mit beliebten Sachen aus anderen Ländern: man
fälscht und tut so, als wäre was original, ist es aber eigentlich nicht. Also kann man nochmal ein paar dutzend Obelisken dazuzählen: original römisch nach original ägyptischem Vorbild.
Aber nochmal zurück zu Sport und Spiel. Die Römer liebten das und je blutiger, desto besser. Wenn also keine Kutschen- und Wagenrennen angeschaut wurden, dann die Kämpfe in den Arenen. Da war es eigentlich egal, ob es um Mensch gegen Mensch, Tier gegen Tier oder Mensch gegen Tier ging. Die meisten Veranstaltungen dienten dazu, das Volk dem Herrscher gegenüber wohl zu stimmen, deswegen wurde meist kein Eintrittspreis verlangt. Damit man aber den Überblick behalten konnte, wurden trotzdem „Tickets“ ausgegeben. Im Kolosseum waren das zum Beispiel kleine Tonplatten, auf einer Seite die Ticketnummer, auf der anderen der Eingang und die Sitzplatznummer. Wenn keine Tickets mehr da waren, war das Kolosseum voll. So einfach war das. Und man musste auch wissen, welchen Eingang man nehmen musste, denn das war ja nicht mal eben so eine kleine Bühne, sondern ein gigantisches Gebäude mit drei Stockwerken und 80 Eingangsbögen. Wenn man nicht wusste, wo man hin musste, war man verloren unter den 49.999 anderen Besuchern. Fun Fact: durch die vielen Eingänge konnte man die gesamte Arena in unter zehn Minuten komplett evakuieren und auch heute noch ist das das Ziel beim Bau von modernen Stadien.
Das Kolosseum hab ich von innen noch nicht gesehen, aber von außen kommt man bei jeder Rom-Tour vorbei. Wirklich viel sehen tut man natürlich vom Bus aus nicht, aber wir könnten auch nicht für
jeden der vielen Busse einen Fotostopp dort einlegen. Drinnen ist es vermutlich auch nicht leerer als draußen, aber beeindruckend muss das schon sein. Allein was dieses Gebäude in seiner
Geschichte schon alles erlebt hat! Natürlich aber nicht alles so schön wie „Freie Unterhaltung für alle!“, wobei das die Römer wohl einfach so sahen. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie viele
Menschen und Tiere da ihr Leben gelassen haben für die Unterhaltung der Massen. Es gab sogar Hinrichtungen, da wurden die Verbrecher zum Tod durch wilde Tiere verurteilt, oder zwei Verbrecher
mussten gegeneinander antreten, aber im Endeffekt starben ja doch beide. Einer meiner Reiseleiter hat mir mal erzählt, dass man von einer halben Million Tote ausgeht und noch viel mehr Tiere, die
dort sterben mussten. Daher kommt auch der Name „Arena“, das ist das Wort für „Sand“ und die Arenen mussten über einen Sandboden verfügen, in dem das Blut versickern konnte.
Manchmal würde ich ja gerne mal in der Zeit zurückreisen und mir anschauen, wie das früher alles so lief, aber wenn ich sowas höre, dann vielleicht lieber doch nicht.
Rom ist jedenfalls ziemlich voll von Geschichte an jeder Ecke und ich rate euch, unbedingt mal hinzufahren – aber bitte nicht für nur einen Tag, denn das wird dieser atemberaubenden Stadt einfach nicht gerecht. Und wenn man dann mal länger hier ist, kann man auch gleich einen Tag im Vatikan verbringen. Sixtinische Kapelle und die Kuppel vom Petersdom müssen ziemlich beeindruckend sein, aber auch dazu hatte ich bisher noch nicht die Möglichkeit (tatsächlich war ich bisher sechs Mal in Rom, davon vier Mal mit demselben Ausflug). Einmal in der Heiligen Stadt war ich aber – hauptsächlich, damit Papa und ich wieder Gleichstand haben bei der Zahl der besuchten Länder ;)
PS: Übrigens ist was Wahres dran, dass alle Wege nach Rom führen. Es gibt immer noch die wichtigsten Straßen (heute natürlich geteert, markiert und mehrspurig), die Rom mit allen wichtigen Handelspartnern Europas verbinden. Die Via Aurelia zum Beispiel führt nicht nur nach Civitavecchia, sondern die ganze Küste entlang nach Pisa und bis Frankreich.
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