Zurück in Tashkent blieb uns nur noch eine halbe Nacht bis zu unserem Rückflug nach Europa. Aber da der kurze Flug von Urgench so fix ging, bleib trotzdem Zeit für eine Stadtführung mit Laziz. Als Hauptstadt ist Tashkent ganz nett, auch wenn es natürlich bei weitem nicht an die alten Großstädte entlang der Seidenstraße rankommen kann.
Ein Grund dafür, dass Tashkent so modern und wenig alt-islamisch aussieht, war ein schlimmes Erdbeben, dass den Großteil der Stadt völlig zerstört hat. In den Folgejahren haben die Bewohner ihre
Heimat neu aufgebaut mit Fokus auf typische sowjetische Architektur. Die sieht man heute an jeder Ecke und auch wenn das meiste nicht wirklich schön ist, ist es trotzdem cool, das zu sehen. Die
Hitze, die in den westlicheren Teilen des Landes geherrscht hat, war in Tashkent wie weggepustet. Hier hatten wir dann sogar ein bisschen Regen, der uns ziemlich unvorbereitet getroffen
hat.
So gab es das Erdbeben-Monument zum Gedenken an die Überlebenden von 1966 und ihre harte Arbeit beim Wiederaufbau der Stadt nur in nass zu sehen, aber wir konnten danach schnell in der Metro
Unterschlupf finden.
Die U-Bahn-Stationen in Tashkent sollen die schönsten Zentralasiens sein. Das können wir bestätigen, die paar Stationen, die Laziz uns zeigte, waren wirklich sehr beeindruckend. Wie in St
Petersburg gehen die Rolltreppen in manchen Stationen (aber bei weitem nicht allen) richtig weit in die Tiefe und sind gigantisch viel länger als unsere zu Hause. Manche Stationen sind wirklich
hübsch mit ganz tollem Wand-Design oder riesigen Deckenleuchtern. Es Taschkent’sche war auch die erste U-Bahn Zentralasiens, deswegen wollte man vermutlich auch direkt noch ein bisschen angeben
damit.
Wir freuten uns, denn heute darf man Fotos von den hübschen Stationen machen. Bis 2018 war das nicht erlaubt, weil die Stationen auch als offizielle städtische Luftschutzräume deklariert waren.
Mit der Metro ging es zum Hauptmarkt der Stadt, dem Chorsu-Basar. Der befindet sich in einer riesigen Kuppelhalle, wo unten vor allem Fleisch, Fisch und Frischwaren angeboten werden und auf der
Galerie im ersten Stockwerk Nüsse, Trockenfrüchte und andere feine Sachen. Weil längst nicht mehr alles unter die Kuppel passt, geht der Markt auch außenrum auf dem riesigen Platz weiter, wo
riesige Mengen an Kleidung, Spielzeug und Krimskrams verkauft werden. Dann gibt es auch Stände, die Eier verkaufen, unglaubliche Mengen an Eiern: Hühnereier, große Gänseeier, winzige Wachteleier,
so eine Eier-Auswahl hab ich noch nie gesehen.
Weil wir uns die letzten Tage alle ein bisschen über das ewige Obi-Non-Brot beim Essen beschwert hatten, brachte Laziz uns in die Backstube, damit wir endlich verstehen konnten, wieso die Usbeken
so auf ihr rundes Brot stehen. Wenn es dampfend heiß aus dem Ofer kommt, ist es noch ganz fluffig und weich, da hätten wir vermutlich jeder ein ganzes Rad von essen können.
Aber wir wollten noch einmal richtig schön Plov schlemmen gehen. Außerhalb der Markt-Kuppel gibt es einen Foodcourt, der nach oben hin offen ist und rechts und links offene Küchen hat, wo man sich sein Essen bestellen kann. Entweder gibt es das zum Mitnehmen oder man setzt sich hinter der „Küchenzeile“ hin, wo es überdacht ist, aber extrem verraucht von den vielen Grills und unglaublich laut. Der Begriff „wie in einer Bahnhofshalle“ hat hier eine ganz neue Bedeutung bekommen, denn in so einer lauten Bahnhofshalle war ich wohl noch nie. Und über allem tröten auch noch die blöden Wachteln, die jedes Restaurant, das was auf sich hält, irgendwo im Käfig hängen hat, um täglich frische Wachteleier zu haben. Als wir das zum ersten Mal gehört hatten, dachten wir, irgendwo ging ein Alarm los. Aber nein, die klingen einfach so und sind dabei absolut nervtötend. Die Einheimischen hören das vermutlich schon gar nicht mehr.
Wir fanden den Basar so aufregend, dass wir am Nachmittag nochmal wieder kamen – ganz allein nach einer spannenden Fahrt mit der Metro, wo wir ja weiterhin kein Wort verstanden. An den Nuss- und Trockenfrüchten-Ständen hätten wir uns noch Stunden aufhalten können, man kann ganz viel probieren und bekommt meistens einen recht fairen Preis. Und wir hatten ja eh noch ein paar zehntausend So’m auszugeben, denn was soll man denn mit Restgeld zurück in Deutschland. Wir fanden sogar noch hübsche Geschenkverpackungen mit Halva. Was genau das ist, weiß ich auch nicht so genau, aber es ist süß und bunt und besonders – vielleicht ein bisschen wie Turkish Delight oder Lokum in der Türkei, aber weniger klebrig.
Am Abend gab es ein letztes gemeinsames Bauchvollschlagen mit unserer Reisegruppe und Laziz, bevor es mitten in der Nacht zurück nach Deutschland ging. Julia machte sich sofort auf Richtung Heimat, ich blieb eine Nacht in München, um am nächsten Morgen nach Süden aufzubrechen zur Buchmesse in Turin, wo wir dem italienischen Markt unseren Tee ausschenkten. Viel Zeit zum Revuepassieren-Lassen gab es also gar nicht wirklich, aber umso mehr freue ich mich, Wochen später die Fotos zu sehen und an die Reise zurückzudenken. Als Fazit lässt sich ziehen: Gruppenreisen können richtig viel Spaß machen und es ist mit Sicherheit nicht meine letzte gewesen. Vor allem, wo meine Mitreisenden mir soo viel Inspiration für künftige Reisen mit auf den Weg gegeben haben… Indien vielleicht? Oder Japan? Oder Bolivien?
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