Next to the kill

Egal, ob man eher ein Hunde- oder eher ein Katzen-Mensch ist – auf Safari suchen alle die Katzen. Immer. Weil sie meist dämmerungsaktiv sind, sieht man sie selten rumrennend oder jagend, in der Mittagshitze ist es einfach zu heiß. Entsprechend entspannt stehen Gazellen, Zebras und Antilopen auch tagsüber in der Gegend rum, wobei natürlich trotzdem immer jemand Ausschau hält.

die ersten Löwen in Samburu
die ersten Löwen in Samburu

Wir haben unsere ersten Kätzchen gleich am ersten Tag in Samburu entdeckt. Vielleicht habt ihr es euch schon gedacht, dieser Blog erzählt nicht der Reihe nach, sondern thematisch gebündelt. Das hat nichts mit euch zu tun, sondern einfach mit den Unmengen an Eindrücken, die wir bekommen haben. Irgendeine Sortierung musste ich reinbringen, sonst hätte ich euch auch einfach Papas Notizbuch abfotografieren können, denn als einziger ohne Handy oder Kamera im Anschlag war er zuständig fürs Buchführen. Aus Papas Aufschrieben könntet ihr entnehmen, dass wir unsere Big Five recht schnell zusammen hatten und tatsächlich der Büffel der letzte war, der noch gefehlt hatte – obwohl man doch denken würde, dass es viiiel unwahrscheinlicher ist, Elefant, Nashorn, Löwe und Leopard zu sehen. Aber als Autor habe ich die schriftstellerische Freiheit, selbst zu entscheiden, was ich wann schreibe, also musstet ihr euch eben ein bisschen gedulden für die Helden der Savanne, die alle am aufregendsten finden: die Mietzekatzen. Verzeiht es mir, ich muss ja schließlich auch sicherstellen, dass ihr bis zum Ende durchhaltet und mir irgendwelche Highlights bis zum Schluss aufheben ;)

ich kann mich nicht entscheiden, ob ich ihn hübsch oder gruselig finde
ich kann mich nicht entscheiden, ob ich ihn hübsch oder gruselig finde

In den Reservaten hing George immer am Funkgerät und tauschte sich mit seinen Jeep-fahrenden Kollegen aus über mögliche Sichtungspunkte. Das machen die immer auf Swahili, vielleicht damit die Touristen nicht mitkriegen, was gelästert wird. Oder, dass wir uns keine falsche Hoffnungen machen auf dem Weg zu irgendeinem neuen Flecken Savanne. Wir haben George öfters beobachtet, wie er ganz angestrengt in die Gegend starrte und immer langsamer wurde, aber meist hat er uns dann erst gesagt, was er suchte, wenn er sicher war, dass wir es nicht finden würden, oder wenn er unsere Hilfe beim Ausschauhalten aus dem geöffneten Dach brauchte. So entging uns der Leopard, der wohl irgendwo rumspazieren sollte.
Dafür entdeckten wir einen Rafiki-Baum, der vollsaß mit Geiern. Ihr erinnert euch vielleicht an die Geier von Disneys Dschungelbuch? Da sitzen sie auf einem Baum und warten ab und fragen sich gegenseitig „und was machen wir jetzt?“ bis einer sagt „Keine Feier ohne Geier“. Ja, Disney hat das wirklich sehr gut hinbekommen mit den Tier-Porträts. Denn auch im Samburu-Reservat kann man davon ausgehen, wenn Geier irgendwo sitzen, tun sie das nicht ohne Grund. Sie warten. Und die Feier kann nicht weit weg sein.

dumm gelaufen...
dumm gelaufen...

Wenn Geier im Baum sitzen, sind meist die anderen Aasfresser auch nicht weit. Und tatsächlich: kaum halten wir an für ein stark rangezoomtes Geier-Foto, schleicht eine Hyäne in Richtung links und keine Minute später flitzt ein Schakal mit einem Stück Beute aus Richtung links herbei, schaut sich misstrauisch um und verbuddelt schließlich sein Stück Fleisch hinter einem Busch. Dann macht er sich wieder auf den Weg der Hyäne hinterher – in Richtung „kill“, also dahin, wo vor nicht allzu langer Zeit etwas getötet wurde.
Doof, dass wir die Geier gesehen hatten, der Schakal aber nicht. Aber die Geier haben natürlich von ihrem hohen Aussichtspunkt den Schakal gesehen, wie er sei Fleisch vergraben hat. Und voilà, schon haben die Geier was zu tun. Zwei von ihnen und ein Adler kamen kurz drauf schon angeschwebt und begannen, das schön verbuddelte Stück Fleisch wieder auszubuddeln. Dumm gelaufen.

Hyäne mit Huf-Fuß
Hyäne mit Huf-Fuß

Wie man bei der Elefanten-Suche zur Not nach den Äpfeln und sonstigen Spuren schaut, kann man sich bei der Katzen-Suche an den Aasfressern orientieren. Wir suchten also mehr Geier, mehr Hyänen und den Ort, wohin der Schakal wieder aufgebrochen war. Weit war er nicht und da waren sie: eine Gruppe Löwinnen mit ihren jugendlichen Jungen, gut getarnt im trockenen Steppengras, ganz entspannt, dachten wir zuerst. Als dann aber die Hyäne auftauchte, wurden sie doch aufmerksam und eine der Löwinnen schaute ganz angestrengt in die Richtung der Hyäne, damit auch ja nichts geklaut werden konnte. In sicherer Entfernung der Löwengruppe fanden wir dann aber noch eine zweite Hyäne und eine ganze Menge Geier. Die Hyäne hat den Löwen tatsächlich etwas abluchsen (oder abhyänen?) können und lief ganz stolz mit einem großen behuften Fuß umher, bis sie einen guten Platz zum Abendessen gefunden hatte.

Elefantenkiefer
Elefantenkiefer

Von so einem toten Huftier bleibt üblicherweise nicht lang etwas übrig. Das Raubtier frisst zuerst, dann kommen die größeren Aasfresser, dann die kleineren und bald drauf die Insekten. Wenn Marabu-Störche involviert sind, fehlen später sogar die kleineren Knochen, weil sie die in ihrem hässlichen Hautsack unter dem Schnabel einfach auflösen können. Nach erstaunlich kurzer Zeit ist nichts mehr übrig außer ein paar Knochen und vielleicht ein Geweih. Die Katzen fressen meist nicht direkt am Ort des Erlegens, sondern bringen ihr Abendessen zurück zur Familie oder wenigstens irgendwohin, wo es ein bisschen geschützt ist und man gleichzeitig einen guten Blick in die Umgebung hat. Dann wird geschmaust und wenn nichts geklaut und weggebracht wird, bleibt das Skelett am gleichen Ort. Wir haben direkt am Rand der Piste die Überreste eines toten Elefanten gefunden. Laut George war er ausgewachsen, ist also vermutlich eines natürlichen Todes gestorben, aber die Tiere der Nachbarschaft kommen natürlich trotzdem, um sich um den Abtransport zu kümmern.
Schon genial, was die Natur so drauf hat.

 

 

 

 


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