Vor einigen Jahren ließ ich mich breitschlagen zum Fernsehen mit Mama, denn es lief „Lawrence von Arabien“ und laut Mama ist das ein episches Werk filmerischer Meisterleistung oder so…ganz genau weiß ich es nicht mehr. Ich erinnere mich aber noch dran, dass der Film unglaublich lang ging und sich extrem zog während Lawrence durch die arabische Wüste reitet. Die Landschaft hinter ihm war aber schon ziemlich fantastisch.
Genau da, wo er für den Film langritt, war ich jetzt auch. Wadi Rum nennt sich diese Ecke Jordaniens. Ein Wadi ist ein ausgetrocknetes Flussbett und das Wadi Rum gilt als eines der schönsten des Landes. Vom Fluss sieht man heute nichts mehr, es ist nur noch eine knallrote Wüste übrig, die durchzogen ist von spektakulären Felsformationen, von denen keiner weiß, wo sie herkommen. Ein bisschen sehen sie aus wie der Uluru und seine Nachbarn in Australien – so mitten auf dem vielen platt ragen diese riesigen Felsen aus der Gegend und je nach Blickwinkel scheint jeder ein Gesicht zu haben. Kein Wunder, dass die Europäer seit jeher fasziniert sind. Thomas Edward Lawrence war nur einer davon und ob er wirklich fasziniert war, weiß ich nicht. Aber eigentlich war er britischer Offizier und wieso sonst sollte so einer sich so lange im Orient aufhalten? Er war eigentlich Geschichtsgelehrter und machte bei Ausgrabungen mit, wobei er um die Zeit des Ersten Weltkriegs die Beduinenvölker kennenlernte. Heute noch findet man in einem der Felsen Lawrences Gesicht gemeißelt und die Beduinen leben noch immer um die Ecke.
Für uns ging es per Jeep durch die Wüste, wobei man im Arabischen ja eigentlich immer super schicke und moderne Allradmonster erwartet. In Jordanien aber weit gefehlt. Die Trucks fielen schon
beim Anschauen fast auseinander und unsere Gäste saßen auch noch hinten auf der mit Kissen ausgelegten Ladefläche anstatt im klimatisierten Inneren. Aber wir waren zur Dämmerung unterwegs und da
ist die Wüste langsam wirklich nicht mehr so heiß wie es noch am Tag sein kann. Verrückt, wie unterschiedlich Wüste doch sein kann. Die jordanische Wüste erstreckt sich bis in den Jemen, den
Oman, den Irak und bis zum Persischen Golf. Der mittlere Teil heißt Rub’al Khali, was übersetzt so viel heißt wie „das leere Viertel“ und die größte zusammenhängende Sandfläche der Welt ist.
Verrückt, oder? Wo man doch immer erstmal an die Sahara denkt, wenn das Wort Wüste fällt.
Sehr viel Glück hatte ich auch noch mit meiner Tour. In Petra war ich Anfang des Jahres schon mit der bella, und die einzigen Ausflüge von Aqaba gehen nach Petra oder ins Wadi Rum. Die Tour am
Abend war schon recht bewölkt und windig, und ich hab sogar Regen in der Wüste erlebt und, besonders krass, einen Regenbogen über den sandigen Weiten gesehen! Ich wusste nicht mal, dass es
überhaupt möglich ist, einen Regenbogen in der Wüste zu sehen!
Am nächsten Morgen dann die Schocknachricht: über Nacht hat es so sehr geregnet über weiten Teilen Jordaniens, sodass riesige Schlammlawinen durch die Felsenschluchten in Petra gerutscht waren und das Wadi Rum nur noch einer riesigen Matschpfütze glich. Alle Nationalparks wurden geschlossen und so wurden alle unsere Ausflüge abgesagt. So oft wie wir uns beschweren, nie mal genug frei zu haben um wirklich privat rauszugehen, so verwirrt waren wir als es plötzlich um 10 Uhr früh hieß „Feierabend!“ Erst am späten Nachmittag mussten wir zurück an Bord sein und von den sieben freien Stunden am Stück wussten wir nach zwei schon nichts mehr mit uns anzufangen. Ganz verwirrt haben Mitbewohnerin Jana und ich uns ein schickes arabisches Essen in Aqaba gegönnt und bummelten über den Schuhmarkt, aber dann hatten wir auch schon wieder genug von unserer neugewonnen Freiheit und verbrachten den Rest des Tages gammelnd auf Kabine. Soviel dazu…
Nach sowieso schon fünf Seetagen am Stück noch mal ein Tag ohne Ausflüge, dann wieder zwei Tage auf See und dann endlich, endlich wieder normaler Alltag. Salalah im Oman könnte wohl der langweiligste unserer Häfen im Orient sein, wäre da nicht die Jeeptour in die Wüste. Da es auch hier so viel geregnet hatte im Frühjahr, war der Sand ganz hart und aufgeplatzt, wo wir die Rub’al Khali am anderen Ende erreichten. Sehr beeindruckend, sowas mal zu sehen: Wüste mit so viel Grün und doch so trockenem Boden, der aussieht wie aus einzelnen Tonscherben zusammengeklebt. Wo die Nationalstraße aufhört, geht sie nahtlos über in eine Sandpiste, die selbst im noch so gut gefederten Jeep eher einer Achterbahnfahrt gleich kam. Alle drei Monate kommt ein Truck vorbei, der Sand auf die Piste kippt und platt fährt, damit die Straße weiterhin Straße genannt werden kann. Ich schätze, wir kamen zum Ende der Drei-Monats-Periode, denn wir hoppelten mehr als dass wir fuhren. Abenteuer pur, sehr cool!
Eine alte Militärbasis wird umgebaut zum Touristencamp und mitten in der Wüste leuchtet und blinkt nachts alles bunt und arabische Musik plärrt über die Ödnis. Aber wir waren ja tagsüber da und
konnten so noch weiter düsen, bis selbst „Piste“ übertrieben war und wir durch den blanken Sand brausten. Hoch auf die höchste Düne der Gegend und der Ausblick war einfach spektakulär. Ich
verstehe jetzt, wie man in den 60ern so auf Lawrence stehen konnte, der all denen die Wüste gezeigt hat, die nie dort waren. Einmalig, wirklich. Es ist schön, die Beschwerdegäste zu sehen, wie
sie neben dir stehen und seufzen und ehrfürchtig in die Ferne schauen…dann ist plötzlich alles wieder gut und wir haben unseren Job erfüllt.
Noch fünf Tage später waren meine Füße sandig, wenn ich sie abends aus meinen Schuhen zog. Und ich dachte immer, der Wind wäre Schuld wenn es im Wetterbericht hieß, dass Wüstensand irgendwo ankam
wo nicht Wüste ist…
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Ruven (Samstag, 01 Dezember 2018 22:14)
Wow! Super beeindruckende Bilder. Die Felsen und der rote Sand. Und ich bin überrascht über die Müllcontainer, aber sowas muss eben sein�.
Michael aus Fulda (Sonntag, 02 Dezember 2018 18:22)
Liebe Tanja,
bald hast Du Geburtstag und da ich nicht weiß, wann Du den nächsten Eintrag machst, melde ich mich schon jetzt. Weiterlesen darfst Du aber erst am 12.12..
Rita und ich wünschen Dir alles Gute für das neue Lebensjahr, vor allem Gesundheit, Erfolg in der Arbeit und Lebensfreude. Wir lesen gern Deine Einträge und sehen uns mit Interesse die Fotos an, denn wir Ergrauten reisen nicht so weit weg.
Immer schon gab es Menschen, denen es in der Heimat zu eng wurde und die es in die weite Welt hinaus zog. Robert Louis Stevenson war einer von ihnen und er hat viel geschrieben („Die Schatzinsel“, Dr. Jekyll und Mr. Hyde).
https://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Louis_Stevenson
Sein Gedichtzyklus „Songs of travel“ beginnt mit „The Vagabond“:
https://www.poetryloverspage.com/poets/stevenson/vagabond.html
Ralph Vaughan Williams hat die Gedichte vertont.
Songs of Travel Ralph Vaughan Williams Alex Knight with Eroica Ensemble part 1.mov
https://www.youtube.com/watch?v=ninRN6rHUbI
Ein anderes Gedicht hat diesen schönen Anfang:
„To the heart of youth the world is a highwayside. Passing for ever, he fares; …”
Songs of Travel Ralph Vaughan Williams Alex Knight with Eroica Ensemble part 2
https://www.youtube.com/watch?v=XksfYaSn28Q
Songs of Travel Ralph Vaughan Williams Alex Knight with Eroica Ensemble part 3
https://www.youtube.com/watch?v=w8dUa5NWpMU