Sonne in der Normandie

An der Nordsee ist ja inzwischen doch ein bisschen Sommer angekommen. Beziehungsweise ist er jetzt schon wieder weg und der Spätsommer ist da. Auf dem Weg nach Hamburg auf Deck 5 weil unser i-Tixen schon so früh fertig war, dass wir alle zweieinhalb Stunden frei hatten – ein Traum! Sonne und warm und leichter Wind, herrlich. Da merkt man, wieso man das Meer liebt.

Monets Garten
Monets Garten

In den Häfen hatten wir jetzt seit 3 Wochen eigentlich immer gutes Wetter. Ein bisschen Nebel oder Niesel ist normal in Frankreich, in Holland windet es immer sehr, aber insgesamt können wir uns nicht beschweren. Dabei heißt es doch, in der Normandie regne es immer. Wie viele Postkarten es in Honfleur gibt, die die Normandie zeigen, wie sie wirklich ist: immer Regen und immer Wein und immer Kühe. Mehr scheint es nicht zu geben. Und bisher war es wirklich hauptsächlich Le Havre, wo wir eingeregnet sind am Morgen bei unseren Abwicklungen. Bestimmt ist es unser gesündester Hafen, so wie wir da die Abwehrkräfte stärken.

 

Libelle beim Eierlegen
Libelle beim Eierlegen

Auf den Ausflügen erwischen wir es aber meist dann doch ganz gut. Allein die Namen sind schon grandios in der Normandie. Eigentlich einfach nur französisch und etwas nasal, aber was unsere Gäste draus machen, ist der Hammer! Aus Honfleur und Deauville wird mal eben Honville und Deaufleur. Und die schönsten Namen merken wir uns immer, und so hat praktisch jeder Frankreich-Ausflug einen angepassten Namen. Honfleur ist bei uns Honnflower. Da sind wir alle super gern, denn da ist immer ein bisschen Freizeit. Wenn man schnell ist und sich nicht aufhalten lässt, schafft man es sogar, ein Stündchen ungestört im Park am Teich zu liegen und Libellen zu fotografieren. Super-enge Gässchen, kein Stein liegt hier grade auf dem anderen – soo schön!

 

Palais Bénédictine in Fécamp
Palais Bénédictine in Fécamp

Weiter raus in die Normandie gibt es Fécamp (bei uns: Fäiskämp), wo irgendein Mensch so angetan vom lokalen Bénédictine-Likör war, dass er zu Ehren des Likörs einen Palast gebaut hat. Oder so. Jedenfalls ist das superschön und man darf sogar Likör probieren. Auch wenn ich mich als guter Scout natürlich auf einen Winz-Schluck beschränke während der Arbeitszeit. Leider wie immer bei den geführten Ausflügen viel zu wenig Freizeit, um einen Ort wirklich zu erkunden und kennenzulernen. Das geht nur in Honnflower, weil wir da so oft sind, denn es liegt genau gegenüber von Le Havre und nur eine halbe Stunde Busfahrt weg. Wer gut ist (so wie ich), bekommt es auch hin, den Gästen, die nur Le Havre mit dem günstigen Shuttle sehen möchten, Honfleur so zu verkaufen, dass sie vom Schalter gehen und überzeugt sind, nie etwas anderes gewollt zu haben.

 

Vieux Port in Honfleur
Vieux Port in Honfleur

Manchmal geht das. Wenn man richtig überzeugt ist von einem Ausflug, dann kann man ihn auch richtig emotional und ehrlich verkaufen. Und es hilft, dauernd so viel zu knipsen. „Kommen Sie doch mal rum, ich zeige Ihnen mal den Unterschied zwischen Le Havre und Honfleur“ und schwupps, sind Sie überzeugt und ich glücklich, dass ich Gäste glücklich gemacht hab. Manchmal passiert dann was Schönes und im Laufe der Reise kommen eben jene Gäste bei mir am Schalter vorbei (oder noch besser: entdecken mich abends in Privatkleidung im Gästebereich) und sagen „Mensch, Tanja, das war ja schön in Honfleur. Danke für die tolle Empfehlung.“ Dann weiß ich, dass ich was gut gemacht hab. Und Martina, die beim großen Meeting vor dem gesamten Shore-Ops-Team sagt: „Wenn ihr euch unsicher seid, hört mal der Tanja am Schalter zu. Die verkauft sehr ehrlich und emotional und sympathisch“ – na, wenn ich da nicht ein bisschen angeschwollen bin vor Stolz!

 

ich fühle mich leicht beobachtet...
ich fühle mich leicht beobachtet...

Frankreich ist immer der anstrengendste Tag der Woche. England am Montag ist immer ein langer Tag, wir sind super spät im Bett und dann muss nachts auch noch die Uhr eine Stunde vorgestellt werden auf Festland-Zeit, also sind wir Dienstag alle platt. Meist haben wir die ersten Abwicklungen um kurz nach 7, heißt kurz vor 7 im Büro sein und sobald man vor die Gäste tritt auch schon fit und ausgeschlafen aussehen. Urgh…
Nach den ersten Abwicklungen trifft man sich zum Frühstück in der Messe und dann fängt der Tag so richtig an. Da freut man sich, wenn man auf Ausflug darf und den ganzen Tag ein bisschen gemütlicher verbringen darf. Einer der schönsten Ausflüge geht nach Giverny (sprich: Kiffernie) zur Heimat von Claude Monet (dem Maler). Da steht sein Haus in einem grandiosen Garten, wo man sich schon high fühlt vor lauter Blumenduft. Er hat superviele exotische Pflanzen in seinem Garten, teilweise hab ich da Fotomotive aus der Südsee wiederentdeckt. Und wenn man durch einen kleinen Fußgänger-Tunnel die Straße unterquert, steht man plötzlich an Monets Seerosenteich, den er so oft auf seinen Gemälden festgehalten hat. Ein Traum, ich sags euch! Und dort gibt’s noch viel buntere Libellen (französisches Wort des Tages übrigens: Libelulle) als in Honnflower!

 

Beinhaus in Rouen
Beinhaus in Rouen

Weiter gings nach Rouen (sprich: Rong), Hauptstadt der Normandie, wo Jeanne d’Arc verurteilt und hingerichtet wurde. Heute steht an der Stelle eine Kirche mit ihrem Namen, nicht weit davon eine riesige Kathedrale und ein sogenanntes Beinhaus, wo bei der Pest die Toten schnell beigesetzt wurden. Es wurde eine große Grube gegraben und als Massengrab angelegt, zugeschüttet und gut war. Dann kam die zweite Pestwelle, man brauchte die Grube und hat dafür die Gebeine der ersten Pesttoten freigelegt. Wenn die Gebeine fehlen, kann man nicht in den Himmel kommen, also wurde ein Haus um die Grube gebaut, dort die Knochen aufbewahrt und die Grube neu befüllt. Heute steht das Haus noch, die Grube gibt es nicht mehr. Die Wände sind mit Schnitzereien von Knochen und Schädeln und so verziert und an einer Ecke wurde bei Untersuchungen eine einzementierte Katze gefunden – Katzen waren damals Gesandte des Teufels. Wahnsinnig interessant, was die Normandie an Geschichte zu bieten hat.

 

Étretat: Aussicht entlang des Kieselstrandes bis zu den Kreidefelsformationen
Étretat: Aussicht entlang des Kieselstrandes bis zu den Kreidefelsformationen

Und eins gibt’s noch: Étretat (schönste Interpretation unserer Gäste: Etrezität), das kleine Fischerörtchen direkt unterhalb der Kreidefelsen. Ein Strand an der Steilküste, da sagen Bilder mehr als Worte. Entspannung bis zum Gehtnichtmehr, da geht man dann auch (einigermaßen) gern zurück an Bord…
Aber man merkt, dass es doch recht oft mal regnet in der Normandie. Denn wenn es ausnahmsweise mal Sonne hat, dann sieht man plötzlich auf den Dachfirsten überall herum die Normannen in der Sonne sitzen und Bierchen trinken.

 

 

 

 


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