Der anstrengendste Part des Sicherheitstrainings war überstanden und nachdem wir alle die Hafenbecken-Querung im Drysuit überstanden hatten, ging es Mittwoch gleich wieder ins Wasser.
Dieses Mal zum Austesten eines Marine Evacuation Systems (MES), wie wir es auch wirklich auf der AIDA haben werden. Wenn im Notfall alles so funktioniert wie es soll, hat jedes Crew-Mitglied eine feste Aufgabe, um die Passagiere sicher zu ihren Rettungsbooten zu bringen, davon gibt es genug für jeden Gast an Bord. Falls etwas mit den Rettungsbooten sein sollte, gibt es außerdem die kleinen weißen Kisten, in denen sich die Rettungsinseln befinden, man ist also doppelt versorgt. Die Passagiere gehen natürlich vor der Crew von Bord und nur ausgewählte Crewmitglieder bleiben bei den Passagieren auf den Rettungsbooten. Für den Rest gibt es die MES ganz vorne und ganz hinten auf dem Rettungsdeck.
Ein MES besteht aus einer Rettungsinsel, wie wir sie am Dienstag kennengelernt hatten und aus einer Rutsche oder einem Tunnel, den man runterrutscht, um hinzukommen. Weil rutschen jeder kann, haben wir natürlich den Tunnel ausprobiert. Der ist oben am Schiff festgemacht und kann superlang werden, um je nach Wasserpegel genau bis zur Insel zu reichen. Im Inneren des Tunnels ist ein zweiter Tunnel aus Stoff (liebevoll „Geburtskanal“ genannt). Oben setzt man sich auf einen Hocker, von dem man ganz leicht vorne runterrutschen kann, während man oben mit den Armen an einer Stange hängt. Beine lang, Oberkörper vorgebeugt, hängt man dann so auf halb-acht und wenn man anfängt zu rutschen, drückt man sich mit den Armen vorne an den Geburtskanal und rutscht dann relativ langsam dieses Teil runter. Wenn ein Alarm ertönt, ist man schön langsam, wenn nicht, wissen die Helfer unten „Das nächste Paket ist Eilzustellung“. Hat bei mir ganz gut geklappt, Alarm getönt und alles super.
Damit wir das alles im Notfall dann auch so hinbekommen, gibt es bei AIDA die Alarm-Pyramide, bestehend aus sieben verschiedenen Alarmen, die nacheinander zu hören sind wenn es einigermaßen
sicher ist, dass evakuiert werden muss. Die Pyramide zu kennen, ist superwichtig und so gab es natürlich einen Drill, wie er ähnlich auch jede Woche vor dem Auslaufen aus Hamburg bei uns an Bord
durchgeführt werden wird.
Der Nachbarkurs war kreativ und jeder nahm eine Rolle ein, die er für den gesamten Drill durchhielt, während unser Kurs die Crew war und evakuieren musste. So gab es einen alten Mann am Stock,
der seine Frau noch holen wollte, einen Passagier, der plötzlich blind wurde, eine Frau, die um Gotteswillen nicht an ihrer Chanel-Jacke angefasst werden wollte, …
Weil Belgier Fabian und ich uns als zuverlässig und einigermaßen vokabelfest erwiesen hatten, teilte uns Birte die Eher zu, Muster Control zu sein – das sind die Leute, die bis fast zum Schluss mit dem Kapitän an Bord bleiben, um die Musterung der Passagiere und Crew durchzuführen. Wir saßen also in der Kommandozentrale und bekamen nicht so viel davon mit, wie unsere Kollegen verzweifelt nach Vermissten suchten (die es sich währenddessen mit Schokolade und Cola in den Schulungsraum-Wandschränken bequem gemacht hatten). Das ganze Chaos zu koordinieren, war eine echte Herausforderung, alles ging drunter und drüber, keiner hat so wirklich geschnallt, wie das mit den Funkgeräten funktioniert und ich habe dauernd Nachrichten bekommen wie „Muster Control, we have a problem“ (Na klasse, mehr Infos bitte!) und „Muster Control….rausch…knister…knack…okay“.
Drei Passagiere konnten nicht mehr gefunden werden, aber das war für den allerersten Drill schon okay (außerdem hatten die ja Schokolade und Cola und somit ein süßes Ableben in den Wassermassen).
Fabian und ich haben unsere Arbeit auch einigermaßen gut gemeistert und Birte war zufrieden.
Ich bin froh, dass ich als Neueinsteiger und auf meiner Position nie diese Verantwortung übernehmen werde – und außerdem ist die Wahrscheinlichkeit bei 5 Hafentagen recht hoch, dass ich im
Notfall gar nicht an Bord sein werde, sondern irgendwo auf Ausflug bin.
Unser Kurs hat sich inzwischen richtig gut angefreundet und jeden Abend sitzen wir zusammen an unseren Hausaufgaben, bis dann doch ab halb 10 den Anstrengungen des Tages nachgeben und sich ins Bett verkrümeln.
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