Arabisch ist eine seltsame Sprache. Ich hab das Gefühl, die machen es sich extra schwer mit ihren ganzen grammatikalischen Regeln und ist laut Studien eine der vier schwersten Sprachen zu lernen.
Drei Wochen reichen bei weitem nicht, um in Arabisch gut zu sein. Lesen kann ich jetzt zwar einigermaßen und schreiben geht auch, aber im Arabischen werden nur die langen Vokale geschrieben, was es unglaublich schwierig macht, für Europäer zu lesen. Das Wort „من“ („mn“) zum Beispiel kann entweder „man“ oder „min“ ausgesprochen werden und heißt einmal „wer“ und einmal „von“. Das erkennt man als Schüler noch an dem Strich, der fürs A über und fürs I unter dem N ist, aber diese Striche gibt es nur in Schulbüchern, sonst ergibt sich das aus dem Zusammenhang des Gelesenen. Keine Chance für jemanden mit beschränktem Wortschatz…
Eins meiner größten Probleme im Unterricht ist das Erkennen von Wörtern, denn selbst wenn du ein Wort gelernt hast und im Schlaf weißt, siehst du es nicht immer sofort im Satz. Der Grund dafür sind die Possessivpronomen („mein“, „dein“, „sein“, etc.), denn die sind im Arabischen keine eigenen Wörter, sondern nur Anhänge an das eigentliche Wort. Also: „Name“ ist „esm“, „mein Name“ wird zu „esmi“, „sein Name“ wird zu „esmuhu“. An sich schon kompliziert genug, aber dazu kommt, dass das ganze mit 12 oder so verschiedenen Personen geht, denn es gibt „ich“, „du weiblich“, „du männlich“, „er“, „sie“, „ihr männlich 2 Personen“, „ihr weiblich 2 Personen“, „ihr männlich Gruppe“, „ihr weiblich Gruppe“, „sie männlich 2 Personen“, usw.
Die Angleichung des Wortes geht bei Substantiven und bei Verben. Die Zwei hat anscheinend eine bestimmte Bedeutung, denn neben Singular und Plural gibt es auch den doppelten Plural, also „zwei Stühle“ sind anders als „viele Stühle“. Zeina hat mir erklärt, das liegt dran, dass im Koran nur sehr selten Namen erwähnt werden, und damit man trotzdem versteht, über wen jetzt grade gesprochen wird, müssen die Worte eben dementsprechend angepasst werden. Meiner Meinung nach ein ziemlich kompliziertes Vorgehen, wenn es reichen würde „Mohammad“ davor zu schreiben.
Dazu kommt der Hang zu sehr ähnlich klingenden und sehr ähnlich aussehenden Buchstaben, die Töne beschreiben, die für deutsche Ohren kaum auseinander zu halten sind. Mein Kehlkopf hat sich übrigens wieder erholt, nachdem Mama Leena sich endlich drauf eingelassen hat, dass ich nur wissen muss, was ich schreiben muss, aber mir aussuchen darf, welchen H-Laut ich ausspreche.
Um den ganzen kulturellen Hintergrund des Islam und der arabischen Welt besser zu verstehen, bin ich am Montag zur „Stunde der offenen Tür“ in die Al Noor Moschee hier um die Ecke. Das ist eine feine Sache, denn normalerweise ist es Nicht-Muslimen hier streng verboten, eine Moschee zu betreten. Obwohl ich mich extra langärmlig und langbeinig angezogen hatte, gab es eine schwarze Abaya drüber und natürlich ein Kopftuch, was aber recht lose drübergeworfen wurde. Das scheint die einzige wirkliche Regel im Koran zu sein, dass man sich in der Moschee den Kopf bedeckt. So ganz verstehe ich das allerdings noch nicht, denn Männer müssen ihren Kopf ja auch nicht bedecken und es geht nicht drum die Haare zu verbergen, denn wenn das Tuch nur locker draufliegt, schauen eh überall die Haare durch.
Dass man die Schuhe in der Moschee auszieht, ist übrigens nicht religiös begründet, sondern einfach eine Hygienemaßnahme, denn die Muslime beten mit ihrer Stirn auf dem Teppich des Gebetssaales, sodass es nicht so nett wäre, wenn da jeder mit seinen Schuhen drauf rumspaziert. (Außerdem ist der Teppich sooo schön weich und fluffig!)
Eine richtige Tour war das nicht in der Moschee, sondern eher eine kleine Gesprächsrunde, wo uns die konvertierte Britin Shariifa knapp zwei Stunden lang in total lockerer Atmosphäre über den Islam erzählt hat. Gemeinsam mit den Briten Anne, Brian und Linda haben wir blöde Fragen stellen dürfen und es war richtig gemütlich. Sie zeigte uns die traditionellen Gewänder (übrigens auch nicht religiös begründet), und erklärte, dass die „Burka“ eigentlich gar nicht das ganze ist, so wie ich das immer dachte, sondern nur eine Art Maske, die die Wangen und einen Streifen über der Nase bedeckt – historisch kommt das von den Beduinen, die durch die Wüste gewandert sind, und die Damen mussten sich ja irgendwie vor der Sonne schützen, also wurden die Bereiche, die am ehesten Sonnenbrand kriegen, eben abgedeckt. Dass heute manche Musliminnen sich bedecken und andere nicht, liegt also allein an den kulturellen Hintergründen und Vorlieben der Familie.
Das war ein echt netter Morgen und es hat sich rausgestellt, dass der Koran eigentlich relativ ähnliche Geschichten erzählt wie die Bibel. Sogar Jesus und Abraham und Noah sind erwähnt, allerdings nur als Propheten. Shariifa erklärte uns ganz viel zur Pilgerfahrt nach Mekka und zu den Feiertagen, die sie gar nicht mag, denn dann gibt es für die Kinder immer Geld und für sie gar nichts.
Sie erzählte uns außerdem, was es mit der Trennung von Männern und Frauen in der Moschee auf sich hat – auch keine religiöse Begründung, sondern in ihren Worten „Stell dir vor, da sitzt so ein George Clooney vor dir und beim Beten berührt deine Nase fast seinen großen Zeh, oder noch schlimmer seinen Knackarsch – könntest du dich da noch aufs Beten konzentrieren?“ Genial :D
Was die Trennung von Männern und Frauen im öffentlichen Leben angeht, bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich das alles verstehe. Die separaten Frauenabteile in der Metro oder die pinken Frauentaxis sind zum Schutz der Frauen, falls sie sich unwohl fühlen, mit Männern zu reisen. Finde ich sinnvoll, aber es kann jede Frau selbst entscheiden, ob es für sie okay ist, im allgemeinen Abteil zu fahren. Es gibt bei den großen Banken einen separaten Eingang für Frauen, die dort an Schaltern mit weiblichen Bankangestellten beraten werden. Ein bisschen verwirrend ist das aber alles, weil man dauernd irgendwo die Klo-Männlein und -Weiblein sieht. In der Moschee war ich einmal schon halb im Gebetsraum, als ich angesprochen wurde, ich solle meine Schuhe ausziehen. „Um aufs Klo zu gehen?“ hab ich mich gefragt, und dann die kleine Moschee neben dem Klo-Weiblein gesehen. Ups…
Im Bus von Abu Dhabi zurück nach Sharjah war vorne alles besetzt, also bin ich nach hinten durch und hab mich gegenüber der hinteren Tür auf einen Doppelplatz gesetzt. Die Männer, die außenrum saßen, haben etwas komisch geschaut, aber ich dachte das wäre, weil normalerweise nicht so viele Weiße in den Intercity-Busses reisen. Als ein netter Inder die Tickets eingesammelt hat, hat er den Fahrer gefragt, ob ich hier sitzen darf, denn vorne wäre doch die „Ladies Section“. Total bescheuert, wieso soll ich mich in einem halbleeren Raum neben eine der Inderinnen vorne quetschen (die egal wie dünn sie sind, mit ihren ganzen Stoffbahnen doch immer etwas mehr Platz brauchen), wenn hinten noch Platz ist? Der Fahrer schien das dann auch zu merken und meinte, wenn es mir nichts ausmacht, darf ich bleiben. Also offensichtlich ist es normalerweise sogar Vorschrift, als Frau vorne zu sitzen, damit auch ja kein Mann auf die Idee kommt, sich neben mich zu setzen, oder womöglich der letzte freie Platz neben mir ist.
Damit ich nicht noch ganz verrückt werde bei diesen ganzen seltsamen Regeln, hab ich die Woche abends für meine Gastfamilie Semmelknödel gekocht. Bei Carrefour hab ich gutes Baguette gefunden, was aber nach zwei Tagen draußen immer noch nicht richtig hart war. Aber egal, die Knödel wurden gut, ich habe Mama Leena die Soße machen lassen, damit sie sich nicht übergangen fühlt, und die Teller von ihr und Zeina waren erstaunlich schnell leer und nachgefüllt. Erfolg!
Da ich dieses Wochenende nach Dubai ins Hotel ziehe, sind nach den leckeren Knödeln alle sehr betrübt, dass ich gehe, und Zeina fängt schon an ihre Deutschland-Reise im Sommer zu planen, damit ich mit ihr eine Radtour mach ;)
Kommentar schreiben