Nach einem unglaublich anstrengenden Tag mussten wir erstmal ausschlafen, nur damit es dann grad so weiter ging. Zwischen den Häusern kamen wir völlig unerwartet an den Ruinen und Ausgrabungen des alten römischen Marktes vorbei und so ging es dann gleich mit neuen Eindrücken gestärkt zum Akropolis-Museum.
Das Museum gehörte leider nicht zu den Sehenswürdigkeiten, die auf unserem erschwindelten billigen Gesamt-Ticket dabei waren, aber wir konnten den gleichen Trick nochmal anwenden und natürlich hieß „gültig bis“ eigentlich „gültig ab“ und alles war gut. Camilla musste natürlich wieder den vollen Preis zahlen und ich kam umsonst rein. Das Akropolis-Museum ist gigantisch und vollgestopft mit Vitrinen voll mit Vasen, Amphoren, Tassen, anderen Haushaltsgegenständen, Spielzeug, kleinen Figürchen und tonnenweise Münzen von way-back als Athen in seiner absoluten Blüte stand. Büsten, Statuen, hübsche Steinplatten, Bildhauereien und natürlich die ganzen Originale, von denen man jetzt an der Akropolis selbst nur die Nachbildungen sieht, stehen da rum und wir hätten locker den ganzen Tag dort verbringen können. Aber nachdem ich sehr spektakulär beim höchst interessanten Film über die Akropolis-Restaurierungen eingeschlafen war, war uns beiden klar, dass es mal wieder Zeit für ein bisschen frische Luft war.
Also ging es direkt über die Straße zu den Ruinen des Dionysos-Theaters, ein typisches Amphi-Theater, an einer Seite offen und mit der Rückseite an den Akropolis-Berg geschmiegt. Das hat mir
richtig gut gefallen und man konnte sich so richtig vorstellen, wie hier die Philosophen ihre Thesen den wichtigen Männern aus der Gesellschaft erzählt haben.
Im alten Friedhof von Keramikos haben wir auch viel Zeit verbracht, man kann frische Feigen von den Bäumen pflücken und rumspazieren und alles ist grün und voller Libellen. Und dann haben wir
sogar eine Schildkröte getroffen. Ich bin zum Parkwächter und habe ihn gefragt, ob er wisse, dass es hier eine Schildkröte gebe. Ja klar, wisse er, es gebe da an die 180 Stück, aber niemand hat
sie je alle zählen können. Dann hab ich gefragt, wieso die da sind und er meinte ganz verblüfft "na, wo könnten die denn sonst in Athen wohnen?" äh...okay.
Danach ging es zum Mittagessen in ein süßes kleines Restaurant namens Bakaliaria Tavern, was wir in einem Reiseführer gefunden hatten und wo Camilla hoffte, endlich ihren ersehnten Innereien-Spieß zu bekommen. Aber Fehlanzeige. Stattdessen begrüßte uns gleich der Chef Ianis persönlich, bat uns an seinen Tisch und sagte „ach, wer will schon so nen ollen Spieß? Hier, probiert das“ und stopfte uns Gabeln voll von seinem eigenen Teller in die Münder. Mann, war das lecker, also nahm uns Oberkellner Dimitris (Namen sind hier wirklich leicht zu merken) mit in die Küche und ließ uns aus einem Haufen Gemüse und Fleisch aussuchen, was wir gerne hätten. Dann durften wir zu Ianis und seiner brasilianische Freundin Jacky an deren Tisch sitzen und hatten ein wunderbares Mittagessen, bei dem Ianis versuchte, alle anwesenden Damen zu bezirzen, Jacky Geschichten aus Brasilien erzählte und Camilla ihr großes Wissen über griechische Sagen vor uns ausbreitete.
Ianis klärte uns dann auch darüber auf, wieso so wenig auf den Straßen loswar: es war Vollmond und bei Vollmond im Sommer klettert jeder spät abends irgendwo rauf um den Vollmond über der
angeleuchteten Akropolis zu bewundern, deswegen machen alle besonders lange ihre Siesta.
Aber so weit war es ja noch lange nicht und wir hatten noch viel auf unserer Liste abzuklappern. Erstmal den Zeus-Tempel, den man sogar von der Akropolis aus sehen konnte, weil die Ruine so
spektakulär in einem Park liegt, wo außenrum keine Häuser sind. Vom Tempel an sich steht nicht mehr viel, außer ein paar der Außensäulen, wovon eine ziemlich beeindruckend umgekippt ist und jetzt
in Scheiben daliegt. Die unerträgliche Hitze (jaah – 40 Grad!) konnte man fast ignorieren, weil das so beeindruckend war.
Direkt auf der anderen Straßenseite steht Hadrians Tor, auch ein altes Bauwerk, was aber so von Straßen und Oberleitungen zugebaut ist, dass es leider ein bisschen in der städtischen Hektik
untergeht.
Ganz anders dagegen das Panathinaiko-Stadion, das liegt etwas abseits an den National Gardens. Leider kommt man nur für sündhaft viel Geld rein, das musste dann nicht sein. Zumal die eine Seite
des Stadions ja wie es sich gehört auf einer Seite offen ist, sodass man eh reinschauen kann. Hier haben die ersten offiziellen modernen Olympischen Spiele stattgefunden in 1896 und es passen
sooo viele Leute da rein – 50 Reihen von steinernen Stufen und darauf insgesamt Platz für etwa 60.000 Zuschauer! Und alles so glatt und perfekt gebaut, dass man schon ein bisschen staunt, wie die
das damals ohne elektrische Maschinen hingekriegt haben. Wenn man alle Sitzreihen aneinander kleben würde, wären die insgesamt knapp 24 Kilometer lang!
Gegenüber in den National Gardens dann endlich, endlich Ruhe vor der ganzen Hektik auf den Straßen. Für eine kleine Nachmittags-Auszeit der perfekte Ort in Athen, vor allem am Schildkrötenteich.
Dann ist mitten in dem Park auch noch das Zappeion Kongresszentrum, richtig hübsch.
Direkt in der näheren Umgebung haben wir dann auch endlich ins politische Zentrum der Hauptstadt gefunden; am Parlamentsplatz tummeln sich die Leute und die zweite Nachmittags-Auszeit war
gerettet.
Als letzter kultureller Punkt des Abends ging es ins Universitätsviertel. Hiervon gibt es eigentlich zwei: Einmal die Athens Polytec, die aber in einer ganz komischen Gegend mit ungutem Gefühl
liegt. Hier haben wir direkt vor uns auf der Straße beobachtet, wie der Sicherheitsdienst drei offenbar illegale Einwanderer ziemlich brutal festgenommen und in einen Laster verfrachtet hat. Dann
sind wir ganz schnell wieder abgehauen, nicht dass die noch auf komische Ideen kommen. Dann gibt es noch die traditionellen Schulen, die „Academy“, wo die philosophischen Studenten mittlerweile
lernen und die Universität, beides suuuper schöne alte Häuser mit verschnörkelten Säulen und goldenen Statuen von zwei hübschen Göttern, die von weit oben auf alles aufpassen.
Auch die Nationalbibliothek ist dort mit einer wunderschönen geschwungenen Treppe, wo man gerne im Prinzessinnenkleid runterstolzieren würde.
An den Strand mussten wir natürlich auch einmal, damit Camilla ihre Bräune nicht verlieren würde. Also ging es mit der Straßenbahm eine Stunde lang zwischen soo viele Menschen gequetscht nach Animou und so einen vollen Strand habe ich als Anti-All-Inklusive-Resort-Tourist ja noch nie gesehen! Ganz Athen schien den Tag am Wasser zu verbringen und vom Strand an sich hat man eigentlich so gut wie gar nichts gesehen...naja wer's mag.
Nach einem Abendessen bei Yiannis (wieso heißen die hier nur alle gleich?) wurden wir von Yiannis selbst auf eine Halbliter-Karaffe Rakomelo eingeladen, das ist warmer Raki mit Honig. Ziemlich fürchterlich, aber weil Camilla Leute so charmant zu Sachen überreden kann, hatten wir eben gleich einen halben Liter, also 7 Schnapsgläschen für mich, 11 für sie und 9 für Yiannis. Abends war also nur noch der Vollmond übrig auf unserer To-Do-Liste. Dafür schlappten wir hauptsächlich den Menschenmengen nach, haben ein paar Leute gefragt und tausend verschiedene Antworten gekriegt, wo man am besten Mond und Akropolis sehen könnte. Rausgekommen sind wir dann etwas unterhalb des Akropolishügels, wo ein kleiner Berg aus Stein steht, wo hunderte von Menschen draufsaßen und in den Himmel schauten.
Wir wollten schon anfangen hochzuklettern, da packte uns jemand am Arm und sagte „Schuhe aus, sonst fallt ihr runter“ und wirklich: weil da seit Jahrzehnten bei jedem Vollmond und auch tagsüber so viele Menschen rauf und runter klettern, ist der Stein fast überall glatt wie Marmor und es gibt kaum Halt. Barfuß ging das ganz gut aber ohne Licht auch gewöhnungsbedürftig. Camilla, der kleine Klammeraffe, war natürlich in Nullkommanix oben. Mann, war das ein schöner Anblick: die Akropolis in warmem Licht von unten angestrahlt und drüber der volle Mond und 10cm hinter einem ein etwa 100 Meter tiefer Abgrund in kompletter Schwärze vor den erleuchteten Straßen Athens…schluck.
Bevor es wieder ans Packen ging, schlappten wir am nächsten Morgen ein letztes Mal los, weil wir noch den Royal Palace (die Büroräume des Premierministers) und die Presidential Residence, wo die Familie des Präsidenten lebt. Beides sehr hübsche Häuser in tollen Gärten mit viel Grün und an einer ganz ruhigen Straße gelegen. Leider ist Fotografieren gar nicht gern gesehen und die Aufpasser, die in kleinen Kabäuschen entlang der hohen Mauern in ihren süßen Puschel-Schuhen Wache stehen, wedelten sofort mit ihren Gewehren in unsere Richtung, sobald wir auch nur einen Finger über die weiße Linie streckten, die die Öffentlichkeit von den wichtigen Leuten abgrenzt.
Zum Trost gab es zum Mittagessen in einem kleinen Bistro einen Crêpe gefüllt mit Chicken Nuggets und Pommes (die spinnen, die Griechen) und noch einen abschließenden Bummel durch das Altstadt- und Touristenviertel Plaka, bevor wir den Flughafen ansteuerten zu unserem nächsten und letzten Stopp: Kreta.
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