Ein letztes Mal

Mann Leute, ich sag's euch – die letzten Tage in Raro waren ja nochmal Stress pur. Im Büro ging alles drunter und drüber weil so viele Umänderungen im Team anstehen oder grade durchsind. Und weil ich jetzt auch noch abhaue, brach Anfang der Woche das Chaos aus, weil ja irgendwer jetzt wieder meine Märkte übernehmen muss. Schön, wenn man merkt, dass man gebraucht wird.

Ich habe in meiner letzten Woche noch so lang gearbeitet, wie ich brauchte um mit meinen eigenen und Taheis Transferbuchungen durchzukommen. Von dem ganzen Stress bei den Island Hoppern habe ich also nicht allzu viel mitbekommen, dafür aber vom „häuslichen Stress“ im Bunker. Bei meinen dicken fetten Geckos hängt der Haussegen gewaltig schief und in der letzten Woche bin ich fast jede Nacht aufgewacht vom aufgeregten „Miiiieek!“ eines genervten Familienmitglieds oder vom schrillen Gegacker zweier streitender Unruhestifter oder vom dumpfen „Plonk“ des einen, der dauernd von der Wand geschubst wurde.

 

Nebenher war natürlich noch Packen angesagt und ich weiß beim besten Willen nicht, wo dieses ganze Zeug herkam. In weiser Voraussicht habe ich für meinen Flug nach Sydney ein zweites Gepäckstück zum Einchecken angemeldet. Unerklärlicherweise wurden beide so voll, dass sie nur zugingen, als ich mich draufsetzte – wenn's beim Flug einen Schlag tug, weiß ich wenigstens sofort, was los ist: mein Koffer ist explodiert.

5 (ursprünglich noch mehr) Palmen, die laut Legende alle aus einer Kokosnuss gewachsen sind
5 (ursprünglich noch mehr) Palmen, die laut Legende alle aus einer Kokosnuss gewachsen sind

Am Montag und Dienstag ging es nochmal die letzten Souvenirs shoppen. Glücklicherweise ist Boss Victor die ganze Woche in Singapur gewesen und ich konnte sein Auto nehmen, dann war das ganz gemütlich und meine rechte Seite ist jetzt minimal brauner als die linke. Die Busse fahren ja nur zu so richtig ungünstigen Zeiten. Am Dienstag war ich dann nochmal mit dem Bus in Muri. Einer der Raro Tours-Jungs hat mich beim Losgehen an der Straße gesehen, mir seine Nummer zugebrüllt und gesagt, ich solle anrufen, sobald ich heim will. Total lieb und so kam Turo mich in seinem Privatwagen abholen. Allerdings saß seine Frau schon auf dem Beifahrersitz also durfte ich die Fahrt hinten open-air mit seiner Tochter und dem schnuckligen sehr freundlichen Hundebaby genießen. Der Hund fuhr genau wie ich zum ersten Mal auf der Ladefläche mit und ich bin mir sicher, dass wir genau denselben glückseligen Gesichtsausdruck hatten – nur meine Ohren haben vermutlich nicht so im Wind geschlackert. Cooles Erlebnis auf jeden Fall wie man da hinten durchgepustet und durchgeschüttelt wurde und ganz entspannt der Welt zuschauen durfte.

Der letzte Tauchtag bei den Pacific Divers stand ja auch noch an das war am letzten Wochenende. Das Wetter war herrlich aber extrem windig und die Wellen außerhalb des Riffs waren dementsprechend wütend. Hayley war diesmal nur als Bootbewachung dabei, Dive Master war ein netter Kerl namens Mick und dann war noch ein Brite dabei zum Tauchen. Der erste Tauchgang war okay, aber es passierte nix aufregendes – keine neugierigen Moränen, keine sexy Muri Mermänner, keine knuddelbedürftigen Seegurken. Weil es so windig war, konnten wir leider nicht wie geplant an der Süd- oder Westküste tauchen gehen, sondern mussten wieder im Norden (der windabgewandten Seite der Insel) raus. Schade, das kannte ich ja nun schon. Wir schwammen also wieder raus über Ednas Anchor und gaaanz weit raus ins Blau, das war toll aber mit der starken Strömung nicht so schön wie bei den vorigen Tauchgängen.

 

Beim zweiten Tauchgang war alles ganz seltsam, weshalb wir ihn dann im Endeffekt gelassen haben. Ich hatte ausnahmsweise einen Neoprenanzug, weil ich so arg müde war und dann wird einem schneller kalt. Sie hatten mir ihn wohl eine Nummer zu klein rausgesucht, jedenfalls war der extrem eng und ich bin kaum reingekommen, aber unter Wasser wird’s immer etwas angenehmer. Dann waren wir im Wasser und ich konnte einfach nicht abtauchen. Also zurück zum Boot, mehr Gewicht an meinen Gürtel. Dann waren wir wieder draußen aber irgendwas stimmte mit meiner Weste nicht und sie blieb nicht aufgepustet, also musste ich echt strampeln um an der Oberfläche zu bleiben. Bei dem krassen Wellengang war das superanstrengend und dann erschöpft man extrem schnell. Irgendwie klappte das mit dem Abtauchen dann immer noch nicht, tiefer als 3 Meter gings einfach nicht. Dann hatte ich das Gefühl, dass der Anzug mir den Hals zuschnürte und alles war ganz schrecklich. Also sind wir zurück ans Boot und haben beschlossen, dann lassen wir das lieber. Wenn's ums Atmen geht ist man eh vorsichtig. Bei Asthmatikern gleich doppelt.

pünktlich zur Abreise gabs ein neues Ameisennest auf der Terrasse
pünktlich zur Abreise gabs ein neues Ameisennest auf der Terrasse

Naja, schade – aber der andere Kerl, der schon unten gewesen war, meinte, es sei total „mirky“ und Sicht unter 15 Metern und alles aufgewirbelter Sand und so wegen den starken Wellen, also haben wir nicht wirklich was verpasst. Stattdessen sind wir dann zurück nach Muri und ich bin zu „the Mooring“ gelatscht, das ist laut TripAdvisor DAS Restaurant der Insel und ganz oben auf der Rarotonga-Liste der „Where to eat“-Orte. Lustig dabei: the Mooring ist gar kein Restaurant, sondern ein alter Frachtcontainer, in den sie eine Küche gebaut haben und vorne ein Fenster reingeschnitten haben. Vornedran stehen ein paar Picknickbänke und man hat eine superschöne Sicht auf die Lagune und die erste der Motu (Inselchen). Offenbar servieren die die besten Fischsandwiches der Welt, die habe ich allerdings nicht probiert, weil mir nach dem Tauchen eigentlich nie so nach essen ist. Aber der tropische Fruchtsmoothie ist wirklich zum Dahinschmelzen! Ich weiß nicht, was die da reinmachen, aber sowas leckeres hab ich noch nie getrunken!

 

Am Samstagabend stand ein riesiges Event in Rarotonga an, das eigentlich schon vor einigen Wochen angefangen hatte. Das ganze Spektakel nennt sich „FilmRaro“ und ist ein Projekt, das helfen soll, die Cookinseln für Ausländer attraktiver zu machen. Es wurden hier auf den Inseln schon viele Filme gedreht, allerdings wurden die Aufnahmen dann als Hawaii oder Fiji oder als namenlose Tropeninsel verkauft. Das soll jetzt geändert werden und dazu wurden internationale Filmteams nach Rarotonga eingeladen, um dort jeweils einen Kurzfilm zu drehen. Es begann mit einem zweiwöchigen Kurs zu Film- und Erzähltechniken und dann hatte jedes Team zwei weitere Wochen um einen etwa 20minütigen Kurzfilm zu drehen. Straffer Zeitplan, aber sechs Teams haben das ziemlich ordentlich gemeistert und deren Filme wurden dann am Wochenende beim ersten Rarotongaer Filmfestival gezeigt.

Pa Ariki Palace - Residenz des Stammeshäuptlings
Pa Ariki Palace - Residenz des Stammeshäuptlings

Kollegin Vikki besorgte Karten und holte mir auch eine mit. Kostete auch nur 4 Dollar, also sehr erschwinglich und so wollte ich mir das nicht entgehen lassen. Ursprünglich war das Screening im Stadion angesetzt gewesen, doch dann hat es die Nacht vorher so extrem geregnet, dass das leider wortwörtlich ins Wasser fiel weil sie Angst um ihr Equipment hatten. Also wurde das ganze spontan ins National Auditorium verlegt, das ist direkt in der Stadt hinter der Hauptstraße, fasst aber nicht mal die Hälfte der Stadionkapazität. Eine zweite Show wurde dann direkt für Sonntag angesagt, damit auch diejenigen die Filme sehen konnten, die am Samstag nicht mehr reinkamen.

 

Wir hatten also Glück, dass wir unsere Karten schon vorher hatten und auch rechtzeitig da waren um noch einen Platz mitten in der Mitte auf dem Boden zu ergattern. Die Filme waren alle echt cool und besonders interessant war es, zu sehen, wie sechs Filmteams mit den genau selben Vorgaben so unterschiedliche Projekte machen. Es war auch echt abwechslungsreich: eine Komödie mit Titel „Dog save the Queen“, in der ein Corgie von Rarotonga die Hauptrolle spielt; eine süße Tragikomödie über ein kleines Mädchen, das immer „Super Girl“ spielt und ihre Mutter vor deren gewalttätigem Freund rettet; ein Stummfilm mit tollen Bildern und toller Musik; eine Doku über das berühmteste Liebeslied auf Cook-Maori und seinen Komponisten (superschön, hört mal rein: http://youtu.be/J9aC6C1TGu0); eine informative Komödie über eine alte Geschichte über Ehrlichkeit; und eine Liebesgeschichte, in der eine Cookstämmige zurückkehrt auf „ihre“ Insel ohne es überhaupt zu wollen.

Sternfrüchte direkt vom Baum
Sternfrüchte direkt vom Baum

Die Filme waren alle auf ihre Art toll, aber das Problem, auf einer so kleinen Insel zu drehen, ist, dass jeder irgendwas in den Filmen erkennt. Wenn also der Laden deiner Tante erscheint, gröhlen alle Neffen laut. Die Darsteller waren alle auch Leute hier, also gehen die Pfiffe los wenn du den Nachbarsschnuckel oben ohne siehst und so weiter.... Also hat man nicht alles immer verstanden, weil es einfach unglaublich laut war im Auditorium, aber lustig war es trotzdem. Sogar die Frau vom Tourismusamt, die mir damals Roberts Kärtchen gegeben hat und die mir so indirekt zu meinem Praktikum verholfen hat, hat mitgespielt :D

 

Die letzten Tage waren also sehr erfüllt. In der Arbeit waren alle sehr bedrückt, dass ich gehe. Mii und Mumma Mousie sind überzeugt, dass sie nie wieder so eine tolle Praktikantin bekommen und würden mich am liebsten für immer behalten. Kollegin Sala hat mich gefragt, ob ich Schokobons mitbringe und ich meinte, ich kann ja welche schicken. Dann schaute sie mich ganz groß an „kommst du nicht mehr zurück? Ich dachte, du gehst nur auf Urlaub heim“ haha...voll süß. An meinem letzten Tag nahm mich Shannon in der Mittagspause mit zum Markt für meine allerletzte Waffel bei der Waffle Shack und diesmal mit dem vollen Programm – Waffel und Obst und Eis und Soße und Kokosraspel...mmmh!


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