Hier ist noch Samstag, das heißt, es war mal wieder Markt und ich habe mir einen halben Tag freigenommen vom bachelorn. Auf dem Markt wurde verkündet, dass nachmittags Rugbyspiele stattfinden würden, und weil es für Sonnenbaden am Strand zu wolkig und windig war, radelte ich von der City aus zum Avatiu Swamp und dort winzige Sträßchen entlang bis ich um halb 2 endlich das Football-Feld gefunden hatte.
Etwa 60 Leute waren da, also war es nicht das Mega-Event des Jahres; das beginnt erst am Montag. Bei uns lief die ganze Woche alles auf Hochtouren im Büro, weil unsere Destination Management-Abteilung die Golden Oldies Rugby League veranstaltet. Da werden dutzende Rugbyteams aller Altersklassen aus Aussie und Neuseeland eingeflogen, die dann die ganze Woche über hier ihre Turniere haben, für die wir Willkommenstüten packen und Namensschilder basteln mussten. Unser gesamtes Büro hängt jetzt voll mit Stoffblumenketten, die für jedes einzelne Team auseinander klamüsert, gezählt und nach Farbe sortiert werden mussten.
Jedenfalls ist hier die Sportsaison jetzt in vollem Gange. Vor zwei Wochen ging die Fußballsaison los und Jeri und Shannon mussten ihre gesamten Arbeitstage umstellen, damit sie zu ihrem Training können. Zu einem Spiel hab ich es immer noch nicht geschafft. Irgendwie sind die schlimmer als die Aussies, versprechen dauernd irgendwas, aber nichts davon wird je eingehalten. Mumma Mousie hat mich nicht zur Bingo-Nacht mitgenommen, Tahei hat sich nicht für mich erkundigt, ob ich mal beim Hula-Training zuschauen darf, Raita war nicht mit mir angeln, Jeri ist nicht mit mir Kleider shoppen gegangen. Schade...aber was soll man machen. Man will sich ja auch nicht aufdrängen.
So hat mir auch niemand von den Kollegen gesagt, dass heute Jugend-Rugby ist, und das auch noch ausnahmsweise zu einer Zeit und an einem Ort, wo ich selbst mit dem Rad hin und zurück kommen kann und mich niemand abholen muss. Mosman war dort und zwei andere Kollegen habe ich auch gesehen, aber erst als ich wieder weg bin.
Das Football-Feld hat keine Bänke oder Tribünen, sondern die Zuschauer sitzen einfach im Gras. Ist komisch, weil man irgendwie die Hälfte der Spielzüge gar nicht mitkriegt wenn man auf gleichem Level mit den Spielern ist. Gespielt haben erst die Juniors, in voller Team-Montur, also Trikot und Shorts. An den Füßen Flipflops, die dann fürs Spiel alle an der imaginären Außenlinie rumflogen.
Wenn die Spieler am einen Ende des Feldes sind, ist es offenbar auch nicht schlimm, wenn man, um auf die andere Seite zu kommen, mit dem Motorroller die Abkürzung übers Feld an der anderen Seite nimmt. Ein fröhlicher Hund hat bei den Kids halb mitgespielt und ist immer zwischendurch gerannt und dem Ball ausgewichen.
Eine kuriose Sache, die mir heute (nicht zum ersten Mal) aufgefallen ist und für die ich noch immer keine Antwort parat habe, ist, dass viele der Einheimischen egal welchen Alters dauernd Verletzungen an den Beinen haben. Dauernd sieht man wen mit Bandagen oder großen Pflastern. Als die Spieler der älteren Jugendmannschaft (ab 16) an mir vorbei aufs Feld liefen, sah ich bei mindestens der Hälfte von ihnen fiese große Narben an den Beinen. Keine Ahnung, wie das kommt.
Die älteren Jugendlichen hatten sogar Schuhe an – und was für schöne, teilweise in knalligem rosa-orange, da hat man gar nicht mehr auf die Spieler geachtet ;)
Die Regeln von Rugby sind ja an sich nicht großartig anders als die von Football, und das kriegt man in vielen vielen Filmen immer zur Genüge mit. Der größte Unterschied liegt wohl darin, dass Rugbyspieler (genau wie die Australian Football-Spieler) keine weitere Ausrüstung tragen. Wo die American Footballer Helme/Masken, Mundschutz, Schulterpolster, Brustschutz, Schienbeinschoner, etc. anhaben, tragen die Rugbyspieler nur ihre Trikots, Hosen und Schuhe. Aber lange Haare sind wohl offenbar doch ein Problem, denn einer hatte eine Art Kapuze auf, die seinen vermutlich riesigen Afro-ähnlichen Kopf umhüllte.
Das Spiel an sich war echt super, die großen sind da natürlich auch viel mehr gerannt als die jüngeren. Dauernd lag wer am Boden und dann gab es die Helden, die einfach weiterrannten, auch wenn ihnen drei Gegner am Trikot hingen. In der einen Halbzeit, die ich gesehen habe, gab es immerhin einen Touchdown und die Menge gröhlte. Wobei das Gröhlen hauptsächlich von den stämmigen Vätern mit entsprechenden Stimmen kam mit der ein oder anderen stimmstarken Mumma, die wirklich Lärm machen können.
Im Gegensatz zu öffentlichen Veranstaltungen in Australien oder Neuseeland, saß ich hier ganz allein als einzige Weiße (obwohl sogar einer der Spieler weiß war!), und wurde trotzdem von niemandem angesprochen. Aber alle schauten mich seltsam an, weil ich als Weiße ohne erkennbare Verbindung zu weder Spiel noch Spielern da war. Komisch, dass gar keine Touristen da waren, wo das Spiel doch sogar am Markt angekündigt wurde.
Nach der ersten Halbzeit zog sich der Himmel zu und es sah plötzlich sehr nach Regen aus, also beschloss ich, mich lieber doch mal auf den Heimweg zu machen. Allerdings nahm ich nicht die Straße in die Stadt sondern fuhr bis zur nächsten Kreuzung auf der Inlandstraße entlang, das war auch echt schön, weil ein Teil der Straße, den ich noch nicht gesehen hatte. Da ist man dann plötzlich mitten zwischen Bananenplantagen und es wachsen ganz andere Blumen als am Wasser.
Auf dem Rückweg zum Bunker hab ich noch kurz an dem hübschen kleinen Friedhof angehalten, an dem ich jedes Mal vorbeifahre, der liegt direkt am Wasser, nur durch einen kleinen Damm vom Strand getrennt. Die Gräber hier sind sehr anders als die, die man sonst so sieht. Die gefallenen Soldaten werden auch mit einem kleinen weißen Kreuz geehrt, doch die richtigen großen Gräber, sehen manchmal echt seltsam aus, wie überdimensionierte Särge, die mit Fliesen beklebt sind. Die Fliesen in manchmal knalligen Farben erinnern mich irgendwie immer an Metzgereien, die hatten solche früher immer unter den Fenstern. Aber scheint wohl, gut zu klappen so, denn die älteren Gräber ohne Fliesen sind alle sehr zerfallen, weil das Meerwasser, der Wind und die salzige Luft den Stein doch sehr kaputtmacht. Ich finde trotzdem die alten einfachen Gräber viel schöner...
Der Regen kam dann tatsächlich noch, aber es ist ja nicht so, als könnte ich mich drinnen nicht beschäftigen. Die Woche war vollgepackt mit fünf Interviews, die ich für die Bachelorarbeit gehalten habe und es war alles höchst aufschlussreich, aber solche Gespräche müssen natürlich schriftlich festgehalten werden und das schluckt enorm viel Zeit. Für meine Interviews habe ich die ganze Woche über das Auto einer Kollegin ausgeliehen bekommen, das war super, dann konnte ich den Vormittag über um die Insel cruisen, Leute kennenlernen und dann erst Mittags zur Arbeit. Da ist es laut allen anderen grade unglaublich stressig und viel zu tun, aber immer wenn ich frage hat niemand Arbeit für mich. Ich habe also gut Zeit, mich um meine Fragebögen etc zu kümmern und heute nachmittag geht es zum Flughafen um meine ersten Deutschen direkt dort abzufangen und zu befragen. Hoffentlich hassen sie mich nicht gleich alle...
Nächste Woche geht es genauso weiter – drei kurze Interviews stehen noch aus und Montag geht es einmal komplett um die Insel um meine ganzen Fragebögen abzuliefern...oje. Jedenfalls bin ich gut beschäftigt und niemand beschwert sich mehr, dass ich nie ausgehe. Was soll ich auch ausgehen wenn mich nie jemand fragt? Clubs mag ich eh nicht und ich setz mich nicht allein in eine Bar, wenn ich dann nachts ohne Licht heimfahren muss. Aber Mii meinte, das wäre ja ganz gut und man hätte nicht das Gefühl, das ich mich langweile. Die zwei Praktikanten vor mir waren dauernd Party machen und waren dann irgendwann in eine Schlägerei verwickelt, es kam in die Zeitung, wurde alles zurückverfolgt zur Firma und die Chefetage war nicht sehr glücklich.
Ich bin also höchst anständig, bringe mich nicht in Schwierigkeiten und die einzigen Probleme, die es mit mir gibt, sind diverse Kleinigkeiten, die im Bunker dauernd kaputt gehen. Das Fahrrad war schon zwei Mal bei den Raro Tours-Jungs zur Reparatur, jetzt ist mein Wasserkocher vollends kaputt, mein Kühlschrank nicht mehr ganz kalt, meine Mikrowelle gibt komische Geräusche von sich, ich habe nach Sonnenuntergang eine Assel-Plage auf meiner Terrasse und eine Echse hat sich in meinem Duschabfluss häuslich eingerichtet, sodass irgendwann kein Tropfen Wasser mehr abgelaufen ist und die Jungs kommen und es richten mussten. :D
Gut, dass ich bald ausziehe, bevor noch die Wände zusammenbrechen...
Kommentar schreiben