Kia Orana liebe Freunde, ja ich lebe auch noch und es geht mir prächtig. Zum Blogschreiben passiert zu wenig und außerdem bin ich jetzt in die Recherche zur Bachelorarbeit eingestiegen, sodass ich mehr halbwegs seriösen Schwachsinn lese als schreibe.
Damit das mit der Bachelorarbeit auch hinhaut, arbeite ich jetzt jeden Tag nur noch so lange bis ich mit meinen Buchungen durchbin, das ist mit Mii so ausgemacht. Aber weil meine Aussie- und Kiwi-Märkte im Moment nicht viele Anfragen schicken, bin ich eigentlich jeden Tag nach spätestens zwei Stunden mit allem fertig. Und das kann ich ja auch nicht bringen, also werde ich weiterhin mit den europäischen Buchungen helfen, die von Mosman anfallen – die ist jetzt übrigens endlich nicht mehr schwanger und hat ein paar Tage nach ihrem Termin einen kleinen Jungen auf die Welt gebracht. Gesehen haben wir ihn aber leider noch nicht.
Weil Mii gemerkt hat, dass ich nicht viel zu tun habe, habe ich jetzt auch noch zwei eigene Kunden bekommen, einen Vermittler auf den Fijis, bei dem die Mitarbeiter so blöd sind und nicht mal selbst was in nem Katalog nachschauen können und mich wegen jedem Kleinscheiß anmailen. Besonders nervig: die sind eine Art Großhändler, heißt, der Reisefreudige bucht bei seinem Reisebüro, das Reisebüro bucht bei den Fijianern, die wiederum buchen bei uns. Das ist ein Hin und Her, ich sag's euch. Jede noch so einfache Buchung braucht Ewigkeiten wenn man mit einer Frage zurückgeht.
Dann habe ich jetzt noch den kompletten italienischen Markt bekommen, eher unfreiwillig, aber weil Mii mir mal ein paar Buchungen gegeben hat, schicken die ihre Anfragen jetzt immer direkt an mich, also bleibt mir ja nix andres übrig, als die zu bearbeiten. Die sind aber immer sehr nett und bedanken sich nach jeder Bestätigung mehrere Male in ganz süßem schrecklichen Englisch und es ist sehr schwer überhaupt irgendwas entschlüsseln zu können. Aber bisher klappt es ganz gut.
In der Arbeit geht es ansonsten zu wie immer, aber am Donnerstag ist Feiertag und ich hab frei! Yeay! Wieso die Cook Islander den ANZAC Day begehen, weiß ich nicht. Den Tag feiern eigentlich nur die Aussies, Neuseeländer und irgendwelche anderen Insulaner, deren Soldaten im Ersten Weltkrieg gekämpft haben. Wahrscheinlich fehlen einfach die wichtigen Momente in der Cook-Geschichte, sodass sie sich einfach die neuseeländischen klauen. Und beschweren tut sich eh niemand drüber.
Oh und noch was neues diese Woche – wir haben ein Mädel da, die die eine Woche ein Mini-Praktikum bei uns macht und heute durfte ich ihr unser Buchungssystem erklären. Offenbar kann ich das ganz gut und sie hatte den Dreh schnell raus. Allerdings hatte ich das Gefühl, ich hatte schneller drauf, was man wo eingeben muss und musste nicht für jede Buchung in meine Aufschriebe schauen...hihi.
Am Sonntag war große Aufregung und die ganze Insel wimmelte nur so vor Amerikanern, Franzosen, Deutschen und anderen alten Leuten, die die Spendierhosen anhatten, aber sie nicht leeren konnten – es war ja Sonntag. Wieso waren die da? Das gigantische Kreuzfahrtschiff der Holland America Line „MS Westerdam“ hatte vor dem Avarua Harbour geankert und warf seine über 1800 Passagiere bei uns ab. Wer mal auf der Holland America Homepage stöbern will, das ist der Hammer, das ist schon kein Schiff mehr sondern eigentlich wie eine eigene kleine Insel mit allem, was man zum Leben braucht und mehr. Aber ob man die Preise unbedingt sehen will...
Wenn man an Land einer so überschaubaren Insel wie Rarotonga sitzt und aufs Wasser schaut, is so ein elfstöckiger Kreuzer eine ziemlich imposante Erscheinung. Besonders wenn man ein normalerweise ziemlich großes Fischerschiff vorbeischippern sieht, das dann aussieht wie ein Spielzeugbötchen. Sonderlich hübsch ist die Westerdam nicht, aber innen muss das wohl der Hammer sein, sehr viele hochwertige Kunstwerke an Bord und alles sehr elegant. Morgens um kurz nach 6 kam die Westerdam ganz gemütlich näher und um halb 8 kam der erste Tender, ein kleines Begleitschiff, das aber immerhin 120 Leute befördern kann. Weil unser Hafen um Welten zu klein ist für so ein gigantisches Ungetüm, können keine Kreuzer direkt im Hafen anlegen. Außerdem ist die Lagune nicht sehr tief, also bleiben die großen Schiffe draußen vor dem Riff liegen und schippern dann ihre Passagiere in kleinen Gruppen an Land.
Unser Arbeitstag begann um 7. Jane (Chefin von Raro Tours) nahm mich mit zum Hafen, dort bekam ich eine der hübschen rot-goldenen Raro Tours-Blusen, die aber irgendwie nicht so wirklich passte. Eine „Temporary Port ID“ bekamen wir auch, die hatten wir am Kragen und waren für den einen Tag offizielle Hafenangestellte. Aber eigentlich hat die niemand gebraucht – unsere hübsche Uniform war genug. Vermutlich hat man uns einzeln schon gar nicht mehr gesehen, denn es waren ungefähr 20 der Raro Tours-Mitarbeiter unterwegs und alle sahen gleich aus ;)
Jane und die anderen blieben oben an der Straße, um den Bus-Einsatz abzuwickeln. Jeri, ein anderer Kollege, dessen Namen ich vergessen hab, und ich bekamen unten direkt am Wasser zwei Zeltdächer und zwei Tische hingestellt und verbrachten dort den ganzen Tag schön geschützt im Schatten und mitten im erfrischenden Hafenwind.
Unsere Aufgabe war es, die Kreuzfahrer auf der Insel zu begrüßen, die aus den Tendern kamen, denn wir waren die ersten „Einheimischen“, die sie zu Gesicht bekamen. Man brüllt also schön „Kia Orana“ und winkt und lächelt und alle sind glücklich. Die ersten Tender brachten diejenigen Passagiere, die an Bord schon eine Lagunentour, Inselerkundungstour oder eine Wanderung gebucht hatten. Die kamen also aus dem Bötchen, winkten uns zurück, glücklich, nach drei Tagen auf See endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Wir zeigten ihnen den Weg zu ihren Bussen und weg waren sie auch schon wieder. Erst ab halb 9 ging der Stress los. Alle Passagiere, die für den Tag an Land nichts gebucht hatten, wurden abgeladen und strömten in 120er-Gruppen auf uns zu. Jeri und der Kollege fingen ein paar ab, bevor sie zu mir kamen, indem sie sich vors Zelt stellten und jedem, ob er wollte oder nicht, eine Karte der Insel in die Hand drückten.
Von den 120 Leuten eines Tenders kamen also „nur“ etwa 80 zu mir ins Zelt, wollten Informationen, wo sie denn am besten einkaufen gehen könnten (am Sonntag....haha), wo der nächste Gottesdienst stattfinde und ob ich wen kenne, der ihnen den Hula tanzt. Außerdem hatte ich die absolute Macht – denn ich verkaufte Tickets für den Kleinbus, der alle halbe Stunde zu Muri Beach und zurückfuhr. Ich will gar nicht wissen, ob man den Strand überhaupt noch gesehen hat vor lauter blassen faulen Kreuzfahrern. Ich komme jetzt auch einigermaßen mit US-Dollars klar, denn natürlich haben die Passagiere nur Ami-Geld, womit sie auf der gesamten 5-wöchigen Kreuzfahrt einigermaßen zurechtkommen. Raro Tours hat es sich ganz einfach gemacht und alle Preise 1:1 in Neuseeland- und US-Dollar übernommen, dann hatten wir nicht das Problem mit dem Wechselgeld und dem Umrechnen.
Alles lief ganz wunderbar, bis der Wind beschloss, wohl doch zu schwach gewesen zu sein und ordentlich zulegte. Zum draußen Arbeiten war das perfekt, wir standen im Schatten und der Wind war herrlich, aber den Postkarten, die wir verkauften, gefiel das gar nicht und Jeri und ich sind irgendwann im Minutentakt losgesprintet um unseren Papierkram vor dem Hafenbecken zu schützen. Die nicht-ganz-so-alten Passagiere, die zufällig da waren, sprangen aber immer gleich zu Hilfe und wir können stolz über den Verlust keiner einzigen Postkarte berichten!
Im Laufe des Tages habe ich festgestellt, dass der ewige Bürojob doch wirklich nix für mich ist, der Kundenkontakt macht einfach zu viel Spaß. Es ist ein echt schönes Gefühl, wenn Wildfremde zu dir kommen, von ihrem tollen Strandtag berichten, den du ihnen ermöglicht hast und sich dafür bedanken, dass du so eine schöne Insel hast. Außerdem lieben alle mich weil ich nicht einheimisch aussehe aber irgendwie einheimisch rede. Recht früh morgens kam eine etwa 60jährige Amerikanerin zu mir ans Zelt, wollte irgendwas und als ich antworte ruft sie „Schaaatz! Komm her und hör dir das an: ein echter Kiwi-Akzent!“ Da war ich richtig gerührt. Als ich dann sagte, ich bin eeeigentlich Deutsche, meinte sie gleich, dass ich aber doch sicher einen Neuseeländer in der Verwandtschaft hätte. Ach, ist das schön – 17 Jahre Englischlernen zahlt sich also doch aus.
Ein anderer netter Herr kam zu mir und hat angefangen mit mir über irgendwelche amerikanischen Städte zu sprechen. Als ich bei jeder einzelnen sagte, dass ich noch nie dort war, schaute er mich ganz seltsam an und fragte, wo ich her sei. Dann starrte er mich ganz riesig an und meinte vollen Ernstes „Oh! Ich hätte dich jetzt in den mittleren Westen gesteckt. Du hast überhaupt keinen Akzent, das können die sonst nur da.“ Ha!
Irgendwann am späten Vormittag kam ein süßer kleiner indonesisch aussehender Mann namens Daniel zu uns und erzählte, dass er vor 20 Jahren mit seinem Lebensgefährten mal auf Mitiaro (einer der Outer Islands) war. Jeri ist auf Mitiaro aufgewachsen und so haben die beiden geredet und es kam raus, dass Daniel und sein Partner David damals bei Jeris Tante gewohnt hatten während ihrem Urlaub dort. Es kennt hier halt doch jeder jeden.
Als die beiden von ihrem Tag auf der Insel zurückkamen, kamen sie nochmal auf ein Schwätzchen vorbei, gingen dann zurück an Bord und kamen mit dem nächsten Tender wieder. In der Hand hatten sie ein Tütchen mit einem Brief für Jeris Tante und zwei frischen warmen Buttercroissants, die sie auf dem Schiff geklaut hatten für uns, weil wir ja wegen „uns blöden Touristen“ nicht zum Essen gekommen waren. Total lieb!
Alles in allem also ein höchst erfreulicher Tag und es ist echt schade, dass die Westerdam der letzte Kreuzer war, der bis Ende Juni hier eintreffen wird. Noch können sich die Pläne ändern, aber sicher ist das nicht. Die eigentliche Kreuzfahrtsaison ist hier im Januar und Februar, wo aber leider das Wetter dieses Jahr so schlecht war, dass keins der fünf Schiffe, die eingeplant waren, ankern konnte. Schade – also nur ein Tag, an dem ich bezahlt werde, aber es gab wenigstens ordentlich Kohle für 10 Stunden im Hafen rumgammeln und unser Mittagessen gab es umsonst von Jane und ein drittes Frühstück haben uns ja Daniel und David ermöglicht.
Von den netten phillipinischen und indonesischen Crew-Mitgliedern wurden wir sogar mit gekühlten feuchten Handtüchern versorgt und haben becherweise frischgepressten eisgekühlten Zitronensaft mit Wasser unter unser Zeltdach geschmuggelt bekommen. Im Gegenzug durften sie sich auf unseren Stühlen die neuesten Nachrichten aus der Cook Islands-Sonntagszeitung anschauen.
Dann kam irgendwann noch Jeris Papa vorbei und hat uns mit Poke versorgt, das sieht nach ganz trockenem ekligen Fleisch aus, ist aber eigentlich aus Banane und echt lecker. Da werden überreife Bananen im köchelnden Wasser aufgeweicht bis es eine einzige Masse ist, die man dann zu Klumpen formen kann oder einfach so aus dem Topf löffeln und erkalten lassen kann, oder so. Dann kommt's in ne Schüssel mit Kokosmilch drüber und fertig!
Ist seltsam zu essen, weil sich der Kopf schon drauf einstellt, jetzt Fisch oder Fleisch zu schmecken, aber dann passt die Konsistenz (irgendwas zwischen normalem und Wackelpudding) nicht dazu und der Geschmack weder zur Konsistenz noch zur Farbe noch zur Erscheinung an sich. Gaanz seltsam, aber echt lecker...die spinnen, die Insulaner...
Vielleicht sollte ich mich doch bei einer Kreuzfahrtlinie bewerben – ich habe mit einem geredet, der arbeitet normalerweise an Bord, hatte aber diese fünf Wochen frei. Zum halben Preis hat er die Kreuzfahrt gebucht und seine Frau ist als Reisebegleiter mit an Bord, wird also bezahlt und so können sie gemeinsam für einen minimalen Preis ihren Jahresurlaub gemeinsam im Paradies verbringen. Na, wenn das nix ist! Es ist natürlich doof, dass man diese ganzen tollen Orte immer nur einen Tag lang sieht. Aber die Chance, einen Millionär kennenzulernen, der mir meine eigene Insel schenkt, ist auf einem Luxuskreuzer definitiv höher als vor meinem PC im Büro. Naja, wer weiß...
Ich habe ein paar Bilder hochgeladen (u.a. vom Nachwuchs im Casa de Tanja – 8 winzige frische Geckos huschen über meine Wände, damit also die dritte Generation seit ich hier wohne. Sogar der hübsch gemusterte Checkers hat offenbar Nachwuchs und jetzt sitzen sie immer zu zweit unter meinem Fenster und beschützen mich vor Moskitos). Ich versuche, auch noch die anderen Bilder von dem Tag zu kriegen, vielleicht ist da eins von mir in meiner hübschen Uniform dabei. Allerdings habe ich das Gefühl, dass ich vor allem auf den Fotos dutzender Kreuzfahrer zu finden bin, die alle uuunbedingt ein Foto mit uns wollten.
Am Wochenende geht’s übrigens mal wieder ins Wasser und zwar diesmal auch so richtig tief, die Fotos gibt es dann!
Liebe Grüße und frohen Frühlingsanfang (so wie ich das verstanden habe, ist er jetzt wirklich da?)
Kommentar schreiben