Dank einem tollen Special, das meine tollen Kollegen meinen tollen Eltern in ihrem Hotel gebucht hatten, bekamen wir am Sonntag ein kostenloses Mietauto für den Tag: ein knubbeliges japanisches Autochen, bei dem der Motor so laut war wie von drei „normalen“ Autos zusammen und mit einer Radkappe, die nur noch dank verdrehtem Draht am Rad festhielt. Allerdings fiel die dann im Laufe des Tages doch noch ab. Naja...war ja gottseidank nur für einen Tag.
Es ging also mit dem seltsamen Auto auf die Ara Metua (übersetzt heißt das „altertümliche Straße“), die Inlandsstraße, die etwa drei Viertel der Insel umschließt. Die Straße wurde im elften Jahrhundert n.Ch. angelegt – das ist tausend Jahre her, schon ziemlich beeindruckend. Ursprünglich wurde die Straße als Meisterwerk der damaligen Straßenbaukunst aus Korallen- und Basaltsteinplatten angelegt. Sie war etwa vier Meter breit und Häuser standen nicht direkt an der Straße, sondern dutzende Meter weg. Das ist heute noch so: an der Küstenstraße sind die Häuser näher am Straßenrand, während auf der Inlandsstraße ewig lange Auffahrten von der Straße zu den Grundstücken führen.
Ich habe gelesen, dass damals die Straße durch eine Art hohen Bordstein auf beiden Seiten begrenzt wurde und es heißt, der war hauptsächlich als Sitzmöglichkeit für die Dorfbewohner gedacht. Alle Marae der Insel, also die spirituellen Stätten, Denkmäler, Opferaltare etc., wurden entlang dieser Straße gebaut. Auch alle Bananenplantagen wurden dort geschützt vor dem Meer angelegt, sodass die Ara Metua zur Hauptstraße der Insel wurde – alle religiösen und administrativen Wege sowie auch die wirtschaftliche Versorgung der Insel liefen über diese Straße.
Nach ein bisschen Recherche habe ich rausgefunden, dass es zu der Zeit vermutlich sechs verschiedene Stämme gab, die auf Rarotonga lebten. Sie lebten die meiste Zeit im Krieg miteinander und so
zogen sich alle Insulaner auf die inländische Seite der Straße zurück, da man in den Bergen geschützter leben konnte und näher bei den Göttern war (durch die Nähe zu den Marae). Nur
bewaffnete Gruppen von Männern überquerten die Straße um fischen zu gehen.
Erst als im 19. Jahrhundert die ersten christlichen Missionare auf die Insel kamen, legte sich der Krieg allmählich und die Menschen zogen näher an die Küste.
Heute ist ein Viertel der Straße nicht mehr zugänglich, entweder von Unwetter zerstört oder von der Natur zurück erobert. Der Rest der Ara Metua verläuft heute noch ziemlich genau entlang der ursprünglichen Straßenführung, wurde aber während im Zweiten Weltkrieg viele amerikanische und neuseeländische Truppen hier stationiert waren Stück für Stück erneuert und heute sind nur noch die unteren Schichten aus dem originalen Baustoff und man sieht kaum noch, dass es sich um eine sehr alte Straße handelt. Schade...
Auch von den 47 ursprünglichen spirituellen Stätten ist kaum mehr was zu sehen, nur ein Marae ist noch gut in seinen Grundmauern zu erkennen. Eine Art Plattform ist noch gut zu sehen, laut der Legende wurden hier die Opfergaben an die Götter aufgestellt, oftmals menschliche Köpfe.
Wahrscheinlich haben wir übrigens den ganzen heiligen Ort entweiht, indem wir dort eine Kokosnuss gesammelt haben und mit schierer Gewalt so lange draufgehauen haben, bis wir die äußere Schale
einigermaßen offen hatten. Das dauerte ewig und schließlich gaben wir auf und nahmen die halboffene Kokosnuss mit nach Hause.
Ansonsten hat die Inlandsstraße eigentlich gar nicht wirklich viel zu bieten. Es ist nicht so viel Verkehr, man kommt durch eine sehr grüne Ansammlung von Passionsfrucht-, Bananen-,
Papaya-, Guaven- und Taroplantage und man sieht das „richtige“ Inselleben und nicht das touristisch geprägte an der Küstenstraße.
Zum einzigen Wasserfall Rarotongas, dem Wigmore's Fall, sind wir auch hochgefahren. Ich war da ja schonmal vor etwa anderthalb Monaten. Weil es seither praktisch gar nicht mehr geregnet hat, war der Wasserfall einfach fast ganz trocken und der kleine Teich drunter leer, sodass nicht mal genug Wasser drin war um den kleinen Bach Richtung Meer zu speisen. Erstaunlich, dass immer noch alles so schön grün ist, egal wohin man schaut.
Auf dem Weg von der Küstenstraße zum Wasserfall kommt man an einem gigantischen Grundstück vorbei, das vor Jahren gepachtet wurde, um dort eine riesige Hotelanlage für die erste auf Rarotonga vertretene internationale Hotelkette zu bauen. Das Sheraton sollte DAS Hotel schlechthin werden, ein riesiges Gelände wurde bebaut, insgesamt stehen heute etwa 12 verschiedene Gebäude. Die Wände, Treppenhäuser, Geländer, Türen und Dächer wurden alle fertig, dann ging den Bauherren das Geld aus und jetzt holt sich die Natur langsam alles zurück. Die Wände sind mit Graffiti voll und das ganze ist eine irgendwie gruselige Erscheinung.
Schön blöd, wenn man nicht erst mit der Hälfte der Gebäude anfängt und die dann auch fertig kriegen würde. Jetzt verfällt es halt so vor sich hin und eigentlich sind alle Einheimischen recht glücklich drüber, denn jetzt gibt es immer noch kein einziges großes internationales Hotel auf der Insel, sondern nur von Einheimischen betriebene Resorts.
Am Abend wieder im Hotel versuchten Papa und ich uns ein zweites Mal im Kokosnuss-Knacken. So einfach wie das bei den Profis oder den Insulaners immer aussieht, ist das beim besten Willen nicht. Aber schließlich haben wir mithilfe einer Steinmauer im Hotelgarten, Papas Taschenmesser und dem Wagenheber vom Mietauto die äußere Schale aufbekommen. Dann waren wir platt und wussten nicht so wirklich, was wir jetzt mit der inneren harten Schale anfangen sollten, also lag die Nuss dann erstmal tagelang im Hotel, bevor wir uns dann am Freitag doch wieder dazu aufraffen konnten, unser Glück noch einmal zu versuchen. Weil wir dann mittlerweile auch noch eine professionelle Einweisung ins korrekte Nüsseknacken bekommen hatten (siehe nächster Blog), hat Papa sie dann auch tatsächlich aufbekommen. Das Kokoswasser haben die Ameisen im Garten bekommen und mit dem Sparschäler hab ich uns dann ganz un-inselig Kokosspäne zum Naschen während dem Kofferpacken gemacht.
So, hätten wir das also auch hinter uns und können uns nun als große Helden des Kokosknackens bezeichnen – allerdings als sehr langsame Helden...
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