Nachdem ich jetzt schon Mumma, Auntie, Sister und Bro genannt wurde, habe ich die Tage in der Frühstückspause mal bei den Profis nachgefragt und die waren sich alle einig: dass Jeri mich Mumma genannt hat, muss ein Versehen gewesen sein, denn Mummas sind eigentlich nur die Frauen, die schon Omas sind. Aber die werden nur von anderen so genannt, also nicht von direkten Familienmitgliedern. Die Kinder nennen ihre Mutter Mum oder wenn noch klein Mummy, manchmal Ma. Enkelkinder nennen ihre Oma Nanna, wie das auch in Australien so üblich ist. Also ist das alles echt seltsam, aber ich bin definitiv keine Mumma.
Auntie nennt man hingegen jeden, der irgendwie mit einem verwandt sein könnte. Ich bin also hier auch eigentlich keine Auntie, aber wenn man gut befreundet ist, kann man das auch sagen – so wie Spanier ihr Kumpels Tio (Onkel) nennen. Da hier auf den Inseln jeder irgendwie über mehr oder weniger Ecken verwandt ist, ist es kein Wunder, dass sich alle Auntie nennen. Mumma Mousie hat erzählt, sie muss sich immer zusammenreißen, wenn sie in ihrer Heimat Samoa zu Besuch ist. Denn wenn man da jemanden von weitem sieht und „Hey Auntie“ schreit, schauen einen alle nur komisch an, da sowas nur kleine Kinder sagen. Auf Samoa sagt man also zu allen, die entweder im gleichen Alter wie man selbst oder irgendwie mit einem verwandt ist, „Sister“ oder „Bro“. Scheint eigentlich ganz logisch zu sein, aber irgendwie halten sich die Einheimischen da ja auch nicht immer dran, also blickt man doch nicht wirklich durch.
Mit „Bro“ kann ich ja noch umgehen, das sagen die Aussies ja auch immer. Die Tage wurde ich in einer Mail aber als „Papa“ bezeichnet und das war nun wirklich höchst dubios. Ich kann verstehen, dass die ganzen zweisilbigen Namen, die mit T anfangen, hier ziemlich verbreitet sind und in Maori ist nicht immer deutlich erkennbar, ob es ein männlicher oder weiblicher Name ist. Aber Tanja ist ja nun ein Name, den es hier auch erstaunlich oft gibt, aber mit i geschrieben, also kann niemand ernsthaft glauben, dass ich ein Mann bin, wenn ich den Leuten maile. Naja, offenbar ist das auch nur sowas wie „ra“ (du da). Man sagt das eben, aber man denkt nicht drüber nach. Man gewöhnt sich dran, aber ich sag’s euch gleich – wenn auch nur einer von euch anfängt, mich Papa zu nennen, kündige ich euch die Freundschaft und ihr bekommt nie wieder einen Blog!
Apropos, Leuten Namen geben. Ich habe ja jeden Tag sehr viel mit den verschiedensten Namen zu tun und ich finde, das ist ein äußerst spannender Teil meiner Arbeit. Wenn man einen Namen auch nur einmal ins System eingibt, bleibt er einem doch im Gedächtnis und wenn eine Kollegin ein paar Tage später mit was ankommt, weiß ich sofort, ob das eine meiner Buchungen war oder nicht. Jetzt habe ich auch rausgefunden, dass in der englischsprachigen Welt die scheinbar beliebtesten Namen unter die 40-60jährigen Raewyn und Graeme sind. Finde ich beide persönlich ziemlich schrecklich; besonders, weil ich ae und ea immer schreibe wie ich grade Lust habe. Und beide Namen würden mit einem einfachen a genauso ausgesprochen werden. Naja…immer noch besser als die Namen, die manche Eltern ihren armen Kindern geben.
Sehr beliebt sind Namen von berühmten Leuten. Letzt hatte ich zwei Geschwister Angelina und Brad – nee oder? Aber Hemmingway, Monroe, Jett und Presley sind als Vornamen auch nicht wirklich erstrebenswert. Dann lieber Dylan, Ashleigh, Travis oder Leslie (in jeder erdenklichen Schreibweise und auf jedem dritten Booking Request), aber entscheiden kann sich da offenbar auch niemand, ob das jetzt eher ein Mädchen- oder ein Jungenname sein soll. Ganz schrecklich – und ich bin froh, dass es in Deutschland noch nicht (ganz) so weit gekommen ist – ist es ja, Kindern den Namen von Steinen oder Orten zu geben. Aber Zephyr, India, Sahara, Dallas, Devon, Indiana, Jersey, Alabama, Hollander (HOLLANDER?!), Krystle und Dymand (und wie sollen diese armen Kinder je gescheite Rechtschreibung lernen?) – alles allein in der letzten Woche gehabt. Da gehören Lucky und Hunter noch zu den netteren Namen, auch wenn ich persönlich höchstens meinen Hund so nennen würde.
Aber natürlich lachen wir auch immer herzlich über Namen, die sich einfach so ergeben haben, oder wofür die Träger und deren Namensgeber nicht unbedingt was können. Die Tage hatten wir einen King Kong, der war unterwegs mit einer Li Jong, also offenbar Japaner oder Chinesen oder so, bei denen weiß man ja nie, was ihre Namen für tiefere Bedeutungen haben. Es gibt überraschend viele Familien, die gemeinsam verreisen und in denen jedes Mitglied einen anderen Nachnamen hat. Das ist echt verwirrend manchmal, vor allem weil man als Reiseveranstalter keine Ahnung hat, wer jetzt mit wem und überhaupt und dann entscheiden zu müssen, wen man gemeinsam in ein Hotelzimmer packt, kann echt schwierig werden. Ganz oft gibt’s auch Ehepaare mit demselben Nachnamen, die mit einem oder mehreren Kinder mit anderem Namen reisen. Ich bin ja dann wer, der sich dauernd überlegt, was wohl deren Geschichte ist und manchmal kommen da seltsame Sachen bei raus.
Wie Leute ihren Kindern drei Nachnamen geben können, ist mir schleierhaft. Also die Mutter heißt beispielsweise Meier-Müller und der Vater Schmidt, dann heißen die Kinder Meier-Müller-Schmidt.
Was zur Hölle geht in diesen Köpfen vor?
So, jetzt hör‘ ich auf mich aufzuregen und erzähle euch vom absolut tollsten Nachnamen, den ich in meinem Namen gesehen habe. Da ich weiß, wann der Mann mit diesem tollen Namen hier ankommt, habe
ich schon überlegt ob ich einfach hingehe und frage ob ich ihn heiraten darf, damit ich auch diesen wundertollen Namen tragen darf. Wie ihr alle mittlerweile alle wissen dürftet, bin ich ein Fan
der Neuseeländer, und der gute Mann heißt – aufgepasst –: Kiwikiwi!! Ist das nicht der Oberhammer?!
So, das war’s zu meinem täglichen Geschäft und den seltsamen Leuten, die ihren Kindern das Leben versauen. Aber wo wir grade bei Hunter waren…heute war ich oben bei Amber und wenn ich die Treppe runterkomme, laufe ich immer am Gang zur Hintertür vorbei. Da hängt ein A4-Zettel mit irgendwas drauf an der Scheibe der Tür und als ich heute vorbeilaufe, sehe ich aus dem Augenwinkel irgendwas, was mich stocken ließ. Also ging ich nochmal zurück und dann sitzt da diese riesige hässliche Spinne auf dem Zettel. Offenbar gerade geschlüpft oder so, jedenfalls hingen eine Art Eierschalen von ihrem Bauch und sie hat ihre Beine sortiert. Ich hab vorsichtshalber im Büro nachgefragt, ob es hier auch wirklich keine giftigen Spinnen gibt und Shannon meinte dann, das sei nur ein Huntsman – eine Riesenkrabbenspinne auf Deutsch. Die würde nur beißen, wenn man sie bedroht und ihr Gift ist nicht wirklich schädlich. Außerdem sagt man sich, es bringe Glück, wenn man einen sieht.
Nach eingehender Recherche weiß ich nun, dass diese netten Tierchen, die so groß werden können wie ein menschliches Gesicht, meist im Unterholz wohnen und selten rauskommen. Jetzt habe ich auch nicht mehr eine ganz so große Panik davor, sie könnte vom Büro hier rüber spazieren und sich bei mir häuslich einrichten – offenbar sind die in Lateinamerika hoch geschätzte Hausbesucher, denn sie tun nix wenn man sie in Ruhe lässt, aber jagen die ganzen größeren Kriechtiere, die man nicht haben mag, Kakerlaken und Motten und so. Na, wenn das nix ist! Ich hoffe ja, sie fühlt sich bei mir nicht wohl, weil ich keine Kakerlaken habe, und lässt sich woanders nieder. Wer weiß, ob sie meine kleinen Geckos fressen würde…
Oh ja, neue Geckogeschichte! Also eigentlich nicht ganz, wäre ein Gecko der Protagonist, wäre die Geschichte gar nicht zustande gekommen. Am Samstag früh geh ich Zähneputzen (mein Bad ist winzig und zwischen Haustür und Schlafzimmertür auf dem Gang) und da sitzt eine Echse in meiner Duschwanne. Erst denke ich mir nix dabei, die Viecher sind hier ja dauernd irgendwo. Aber dann sehe ich, es ist gar keiner meiner mächtig fetten Geckos, sondern eine der hübsch gemusterten Echsen, die erst vor kurzem in die Nachbarschaft gezogen sind. Nun weiß ich ja, dass die keine Saugnäpfe an den Füßen haben. Und ja, ich weiß, dass es nicht wirklich Saugnäpfe sind, was die Geckos haben, aber ich mag es, das zu denken. So, jedenfalls sitzt das arme Ding in meiner Duschwanne und die Ränder sind ein bisschen zu hoch, als dass er hochkommen könnte. So was blödes, wieso kam er dann überhaupt rein?
Naja, ich bin ja ein netter Mensch und nach meinem Aborigine-Erlebnis in Cooktown wusste ich ja, dass die an sich sehr zutraulich sind, also hab ich mich still hingehockt, die Hand ausgestreckt
und 20 Minuten gewartet. Offenbar haben die Maori ihren Echsen nie beigebracht, dass man uns Menschen vertrauen kann, also saß ich da umsonst bis ich meine Knie nicht mehr durchstrecken konnte
und musste mir wohl oder übel was anderes einfallen lassen. Letztes Mal bei einem reptile-related problem habe ich meine AVP aus Karton gebaut – nun war es aber ja leider Wochenende und das Büro
zu, also schied das aus. Ganz raffiniert habe ich mir bzw. ihm dann doch zu helfen wissen und habe meine beiden geriffelten Schneidbretter aus der Küche geholt und ihm zwei Rampen an den Rand der
Duschwanne gebaut. Und es hat offenbar geklappt, denn als ich mittags vom Markt wiederkam, war die Echse weg. Und er hat mir sogar ein Poop als Dankeschön (oder vielleicht auch nur aus
Erleichterung) dagelassen ;)
Vielleicht hat ihm das richtig Spaß gemacht, einen Menschen nach seiner Pfeife tanzen zu lassen, denn Sonntag früh saß er wieder drin. Doofi! Diesmal dauerte es aber dafür auch nur 5 Minuten, ihn
über die Rampe flitzen zu sehen und ich schwöre, er hat mir zugezwinkert…
Auch am Samstag, aber als ich auf dem Weg zurück vom Markt war, gab es noch einen kleinen tierischen Zwischenfall. Auf der kleinen Brücke zwischen Hafen- und Marktgelände lag ein junger Hund am Straßenrand. Erst dachte ich, er schläft nur. In der Hitze sehen die ja irgendwie schlafend immer aus wie tot. Aber es stellte sich raus, dass er wirklich tot war und die Fliegen schon anfingen, zu kommen. Das war echt schlimm zu sehen und dann bin ich in den nächsten Laden und habe der Frau dort an der Kasse gesagt, dass da draußen ein toter Hund liegt und vielleicht würde sie jemandem Bescheid sagen, dass ihn jemand abholt. Der Mann, der grade am Bezahlen war, war ein weißer Neuseeländer, aber offenbar schon lange hier und er sagte „ach, die Polizei holt die meistens nicht. Ist zu früh – vielleicht holt ihn wer anders. Die Einheimischen freuen sich immer über günstiges Fleisch.“ Die Frau lachte, aber der Mann sah mich so seltsam an, dass ich nicht weiß, ob er es vielleicht wirklich ernst gemeint hat…wuaah…
Bevor ich wieder abhaue, noch schnell ein bisschen was spaßigeres – ich kann ja einen Blog nicht mit schlechten Schlussworten zu Ende bringen. Fun-Fact über die Cookinseln: Die offizielle Währung hier ist der Neuseelanddollar (etwa ein 2/3 Euro kommt auf einen Dollar), und der Umrechnungskurs ist 1:1. Man bekommt auch meistens neuseeländisches Geld als Rausgeld wenn man was bezahlt. Doch manchmal hat man einen kleinen Grund zum Feiern (ich jedenfalls, weil ich‘s so toll find), nämlich wenn man eine Cook-Münze rausbekommt.
Die kann man nirgends auf der Welt zurücktauschen, also muss mal alle hier ausgeben oder als Andenken mitnehmen (oder wiederkommen..hihi) und die sehen total cool aus. Es gibt 1-, 2- und 5-Dollar-Münzen. 5 Dollar sind gold und 12eckig und haben eine hübsche große Schneckenmuschel als Motiv, 2 Dollar sind silber und die allertollsten, obwohl ich nicht wirklich weiß, was das Motiv darstellen soll, aber die Form ist die eines abgerundeten Dreiecks! Ist das cool oder ist das cool? 1 Dollar sind rund gewellt oder wie ich finde blumig, rot und zeigen eine Tiki-Figur. Tiki ist, anders als in Neuseeland, wo er der erste Mann war, den der Urgott Tane schuf, hier in der Cook-Mythologie der Wächter des Tores nach Avaiki, einer Art Unterwelt, wohin die Toten gehen. Auf Mangaia, einer der äußeren Cooks, wird Tiki als Frau dargestellt, hat Tahei mir erzählt, doch hier ist Tiki ein Mann. Ziemlich eindeutig, wenn ich das so sagen darf, denn er ist immer nackt.
Auf den Cook-Scheinen ist er auch drauf. Jedenfalls auf dem 3-Dollar-Schein. Keine Ahnung, wer auf die Idee kommt, einen Schein für 3 läppische Dollars zu drucken. Ich frage mich, ob die anderen Scheine auch so seltsame Beträge haben, vielleicht Sieben, Elf und Einsfuffzig? Ich habe bisher nur den einen 3-Dollar-Schein bekommen und habe mich tierisch gefreut, sodass sich alle in Hörweite der Waffle Shack tierisch über mich amüsiert haben, außer die Touristen, die alle lange Hälse gemacht haben und bestimmt neidisch waren. Man kann Cook-Scheine nämlich auch für mehr als ihren Wert bei der Bank kaufen. Jedenfalls ist Tiki auf der Rückseite der 3 Dollar, neben einem typischen Auslegerkanu. Und er ist nicht allein, denn auf der Vorderseite des Scheines leisten ihm ein leicht manisch guckender Hai und eine sehr lebendige nackte Frau Gesellschaft. Ich weiß ja auch nicht, was die hier mit den nackten Menschen haben…
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