Am Montag kamen zwei Männer, die meine Klimaanlage repariert haben. Die in der Küche tat gar nix mehr, da haben sie die Abdeckung abgenommen und dann fällt dem netten Kerl plötzlich ein halbes Dutzend kleiner weißer Kugeln entgegen. Geckos hatten hinter der Abdeckung ein Nest gebaut und ihre Eier da abgelegt.
Er meinte, das sei nicht ungewöhnlich, da ist windgeschützt und konstante warme Temperatur. Die Eier, die runtergefallen waren, waren natürlich alle kaputt, voll schade. Die weißen Häutchen um das Innere waren zwar bei fast allen noch heilgeblieben, aber dann kann man ja nix mehr machen. Voll traurig – bei den meisten hat man schon Formen im Inneren sehen können…da wuchs was.
Die übrigen drei Eier hat er rausgebracht ins Gebüsch. Als er grad draußen war fällt mir auf dem Boden unter der Klimaanlage noch ein kaputtes Ei auf und eine winzige Echse halb drunter versteckt. Da wurde mir ganz schwer ums Herz, weil ich dachte, wir hätten sie umgebracht. Ich hab ein Tuch geholt und wollte alles rausbringen, da bewegt sie sich plötzlich und krabbelt mir ganz unbeholfen auf die Hand. Bis sie es endlich geschafft hat, die Verbindung zu dem Bläschen zu kappen, mit dem sie noch verbunden war, verging mindestens eine halbe Stunde und die ganze Zeit saß der Winzling auf meinem Finger und war ganz aufgeregt. Ach Gott, war das niedlich! Weil ich nicht wollte, dass er runterhüpft und sich nach alldem noch verletzt, habe ich ihn rausgesetzt. Der Klimaanlagenmann meinte, er hätte noch nie davon gehört, dass man einen Gecko aufziehen kann, aber die überleben ja sonst auch allein. Und tatsächlich – am Abend war er wieder bei mir im Schlafzimmer. Er hat einen verkrüppelten Fuß (hätte wohl doch noch nen Tag oder so im Ei gebraucht um ganz und gar fertig zu werden), dadran hab ich ihn wieder erkannt.
Offenbar sind zwei seiner Geschwister kurz vor ihm geschlüpft, denn ich habe jetzt drei süße kleine Geckos in der Klimaanlage (allerdings der im Schlafzimmer) wohnen. Die sind so klein und wissen noch nicht so richtig wohin mit ihren Füßen, das ist echt lustig die zu beobachten. Inzwischen haben sie sich an mich gewöhnt, am Anfang sind sie immer losgerannt wenn ich mich bewegt habe und waren dann so unvorsichtig, dass sie den Halt verloren haben und von der Decke geplumpst sind. Jeden Abend spätestens um neun machen sich alle drei auf den Weg in ihr Schlafgemach – und dann fühl ich mich schuldig und geh dann auch immer bald drauf ins Bett :D
Wie Leute die kleinen Dinger als Plage sehen können, bleibt mir ein Rätsel. Die tun nix, machen nur höchst begrenzt und wenn, dann nur ganz kleinen Dreck, den man leicht wegmachen kann, und
außerdem hat man spürbar weniger Moskitos im Haus. Und immer was zu gucken, wenn die auf ihren winzigen Füßchen durch die Gegend flitzen.
Leider scheinen die nicht wirklich was gegen die großen seltsamen Fliegviecher ausrichten zu können, die draußen manchmal unterwegs sind. Groß wie Hornissen, aber wohl ungefährlich, sind das so
gelbschwarze Dinger mit einer Art langem Schwanz oder Rüssel oder so, der runter hängt wenn sie fliegen. Die sind gruselig und ich will die wirklich nicht hier drinnen haben. Deswegen hab ich mir
gleich mal eine Sprühdose Raid geholt, das beste Anti-Viecher-Zeugs das es hier gibt und jetzt werden alle zwei Tage alle Fensterrahmen eingesprüht. Sicher ist vorsichtig; ich will nicht wieder
Kakerlaken in der Küche haben – das hat mir in Townsville gereicht.
Womit ich mich auch nicht wirklich anfreunden kann, ist Nachbars Ziege, die immer draußen steht und selbst im strömenden Regen keinen Unterstand hat. Ich wusste erst gar nicht, dass die direkt auf der andern Seite vom Zaun vor meinem Fenster rumsteht. Dann saß ich die Tage in der Küche und plötzlich tuts dauernd dieses seltsame Geräusch wie eine quietschende Kühlschranktür. Nachdem ich nach einer halben Stunde durch-die-Küche-Schleichen-und-Lauschen-wos-am-lautesten-ist die Nase voll hatte und erstmal meine Wäsche draußen aufgehängt habe, schaut mich dieser große weiße Ziegenbock von gegenüber an und lacht sich scheckig. Das habe ich mir jedenfalls gedacht, so arrogant wie der mich angestarrt hat und mich sicherlich vorher durch die Küche schleichen gesehen hat…
Ich war am Wochenende schon das erste Mal in der „City“ mit meinem Fahrrad, das ich von Robert gekriegt hab. Das ist ein uraltes Mountainbike mit null Federung, viel zu niedrigem Sattel, keiner Gangschaltung und nur einer funktionierenden Bremse. Aber besser als gar nix. Ins Zentrum von Avarua brauche ich 25 Minuten und nur die Hälfte zurück, denn der Wind ist ziemlich heftig, sodass man entweder überhaupt nicht voran kommt oder praktisch zurück fliegt. Kurz vor dem Anleger der großen Kreuzfahrtschiffe (von denen aber nicht sooo oft welche vorbeikommen) liegt der Punanga Nui Marktplatz, da gibt’s jeden Tag Markt, aber wirklich lohnen tut der sich nur am Samstag, da gibt es Souvenirs und Essen und ganz wichtig: meine wöchentliche Ration Vitamine. Wie in Townsville schon so gut geübt, kann ich mich da für 12 Dollar zur Genüge mit Bananen und Passionsfrüchten eindecken. Neuentdeckt habe ich auch meine Vorliebe für Papayas – hier Pawpaw genannt. Das sind diese großen orangenen birnenförmigen Früchte mit schwarzen Tüddeln drinnen. Die schabt man raus und dann kann man die ganze Frucht löffeln. Und im Obstsalat mit obengenannten macht sich das auch besonders gut.
Weil das Wasser hier vor Genuss abgekocht werden sollte (wenn man nicht den Luxus einer Filteranlage hat), hole ich mir jetzt auch immer eine riesige Tüte Limetten, aus denen ich dann mit Rohrzucker Limo mache…hmm! :) Ganz komisch ist aber, dass Limetten hier aussehen wie kleine Zitronen, gelbe Schale, hellgelbes Fleisch. Zitronen hingegen sind grün (wie die europäischen Limetten) und haben orangenes Fruchtfleisch, das aussieht wie von einer Mandarine. Seltsam…
Was mir doch jetzt schon sehr fehlt, aber woran ich mich langsam schon gewöhne, ist, dass auf Rarotonga keine Milchkühe leben und so wird Frischmilch von Neuseeland hergeschifft und ist somit unglaublich teuer. Die Tage habe ich fünf Dollar (3 Euro) für einen Liter im Supermarkt gesehen. Jetzt habe ich mir stattdessen einen riesigen Pott Milchpulver gekauft, das sich wenigstens für Kakao ganz gut eignet. Wie das mit Milchreis ist muss ich demnächst mal ausprobieren. Zumal ich mir jetzt angewöhnen muss, in der Mikrowelle zu kochen. Mein Gasherd hat diverse Brandanschläge auf mich ausgeübt, sodass ich ihn wohl jetzt lieber in Ruhe lassen werde. Wenn also wer von meinen Lesern Tipps oder Rezepte fürs erfolgreiche Mikrowellenkochen für Dummies haben sollte – immer her damit!
Avarua ist die Hauptsiedlung Rarotongas, wird aber nie als Stadt bezeichnet, sondern als „Township“. Ich dachte, Pape’ete war klein, aber mit einem geschätzten Sechstel der Größe ist Avarua doch
wirklich winzig. Es gibt zwei Banken, eine Post, einen Supermarkt, eine Apotheke und ein Kino, das aber nur ein paar Abende die Woche für je einen Film offen hat. Im Radio wird immer ganz groß
berichtet, was denn heute für ein Film läuft. Es gibt ein Shoppingcenter, das aus mehreren kleinen ineinandergelegten Läden besteht. Aber das wars dann auch so ziemlich. Natürlich noch ein paar
Schmuck- und Souvenirläden und Cafés, aber ansonsten ist da nicht viel.
Es gibt neben Avarua noch mehrere kleinere Stadtzentren um die Insel verteilt, da muss ich mich bei Gelegenheit mal umschauen.
Internet ist eine Katastrophe hier. Ich kann zwar über ein Netzwerkkabel über die Firma rein, aber Youtube, Facebook und solche Späße sind gesperrt und WiFi-Internetsticks haben die hier nicht. Der nächste Hotspot der Telekom sollte bei der Tankstelle um die Ecke sein, aber mein Laptop findet ihn nicht. Der große Zugangspunkt am Flughafen wurde mir wärmstens empfohlen, aber nach einer halben Stunde ziellosem Hin- und Herlaufens durch das komplette Flughafengebäude gab es nur Verbindungsprobleme und die Nachricht, ich solle doch mal den Router aus- und wieder einstöpseln. Haha, na super…
Als ich gerade an der Bushaltestelle nach dem Telekomnetz suchte, kam ein Kerl zu mir und hat sich als Iri vorgestellt. Der war vielleicht so vierzig oder so und fand, ich sah so nett aus und
dann hat er gedacht, er quatscht mal mit mir. Das war ganz lustig, aber ich war dann doch ganz froh als er gesagt hat, er ist Neuseeländer und reist diese Woche noch wieder ab. Der war mir leicht
suspekt – ich treffe aber auch immer die komischsten Leute.
Wenigstens sind bisher bei der Arbeit alle total lieb, also kann ich damit leben, ab und an mal auf seltsame Menschen zu treffen. Und die Mädels an der Tankstellenkasse kennen mich jetzt schon,
weil ich da immer einkaufen gehe, wenn ich spontan was brauche. Konserven und Nudeln und so will ich nicht aus Avarua bis hierher schleppen, deswegen ist das ganz praktisch, dass die einen
kleinen Supermarkt dabei haben.
Dafür dass Rarotonga die größte Insel der Cooks ist, ist doch alles sehr überschaubar. Die Küstenstraße um die Insel rum ist 32km lang, also sogar noch kürzer als die um Tahiti rum, dafür aber besser ausgebaut. Man fährt mehr Motorroller als Auto, die sieht man hier zuhauf. Es ist strengstens verboten, zu zweit auf einem Roller zu fahren, wenn nicht einer der beiden ein Kind ist. Etwa die Hälfte der Roller, die man sieht, sind doppelt besetzt… Solange man mit 40km/h oder weniger schnell unterwegs ist, darf man auf einen Helm verzichten. Da sowieso nur 50km/h erlaubt sind, ist das nicht mal so schlimm, die meisten fahren dann lieber langsamer als bei der Hitze einen Helm zu tragen. Auf manchen Karten stehen keine Kilometer dran, sondern „0/1“ bei Avarua im Norden, und „½“ bei Vaimaanga im Süden und dazwischen sind die Viertel eingezeichnet.Es gibt Busse, die fahren unter der Woche einmal in der Stunde jeweils im und gegen den Uhrzeigersinn um die Insel. Die scheinen sogar einigermaßen zuverlässig zu sein, ist ja schomal was.
Der Lonely Planet Reiseführer über die Südsee beschreibt die Rollersituation sehr treffend: „We’re not sure how many registered motor-scooters there are in the Cooks, but we reckon – counting every man, woman and child – there’d be enough for about three or four each.” Außerdem höchst amüsant (und ich werde nicht übersetzen, weil es in Englisch einfach so schön ist): „To see a minister [Pfarrer] dressed in his flowing best white finery aboard his trusty old Honda on the way to Sunday-morning church is a visionary sight indeed. People smoke and chat riding two-abreast, talk on the phone and maybe chew a sandwich at the same time. Enormous Polynesian mamas visibly ooze over each side while tiny children cling on behind.”
Ich habe in weniger als einer Woche hier schon alles außer dem Pfarrer gesehen :D
Besonders die „Polynesian mamas“ sind wirklich immer ziemlich massig, aber sehen dabei meist gar nicht fett aus, sondern einfach nur groß und rund. Und weil die Einheimischen hier sowieso
grundsätzlich sehr runde Gesichter haben, fällt es auch gar nicht so auf.
Wenn ich Zeit und Muse habe, gibt’s die Tage mal einen Blog über die Arbeit, welche Polynesian Mamas da so rumwuseln, wer meine Retter in der Not sind und was ich da eigentlich die nächsten
Monate machen werde. Das scheint die meistgestellte Frage dieser Tage zu sein.
Ich hoffe, euch geht’s allen gut und wünsche allen Studis da draußen eine gute Klausurenphase, wenn sie nicht schon rum ist. Kia Manuia und schönen Tag euch allen :)
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