Roadtrip III - Charters Towers

Als Päuschen zwischen diversen Prüfungsvorbereitungen und Klausuren (meine noch nicht, die sind nächste Woche) ging es am Mittwoch mit einer Teilmenge der üblichen Verdächtigen (Olga, Rahel und Andi) nach Charters Towers. Das war schon gegen unendlich lang von mir geplant; die anderen haben spontan beschlossen, mitzukommen und mit einer Woche Verspätung ging es Mittwoch früh los. Tobi wurde leider vom Prüfungsstress abgeleitet…äh, abgelenkt, deswegen wurde er kurzerhand mit Tino ersetzt, einem deutschen Backpacker, den wir am Wochenende kennengelernt hatten. Heutiger Bericht übrigens gewidmet dem allerwichtigsten Mann und Mathematiker in meinem Leben: PAPA!! Wieso die Mühe? Mir war mal wieder nach kreativem Schreiben (und ab und zu muss ich ja auch mal an was anderes denken als an den ganzen Anthropologie-Blödsinn).

Dass ich das noch erleben darf!!
Dass ich das noch erleben darf!!

Weil Buttercups Energiekurve auf langen Strecken mit vielen Leuten negativ verläuft, mieteten wir ein Auto und weil Andi gemietet hat und er dieser Tage ein unglaublicher Glückspilz ist, haben wir für schlappe 50 Dollar einen Nissan X-Trail (mit Allradantrieb und Klimaanlage (!) und breiten Sitzen und sooo einem leisen Getriebe) bekommen. Damit wurden früh morgens alle aufgesammelt und nach zu leckeren Pancakes bei McDoof ging es auf den Overlander Highway (der bis zur Nord-Süd-Halbierenden Australiens praktisch als Gerade ins Landesinnere führt). 130km geht es von Townsville (A) nach Charters Towers (B), doch zwischen beiden Punkten zeigte sich des Öfteren eine leichte positive und dann wieder negative Steigung in der Straße (d.h. es ging auf und ab) und das ein oder andere Känguru und sogar drei Kamele ließen sich rechtsseitig der roten Piste abbilden.

Aussicht vom Tower Hill
Aussicht vom Tower Hill

In Charters Towers angekommen, ging es zunächst auf den Tower Hill. Wie der Castle Hill hier, schafft der es auch nicht zum Berg. Von seiner Basis beträgt die Höhe nur eine unwesentliche Anzahl von Maßeinheiten. Mit dem Auto waren wir in ein paar Minuten oben, aber der Ausblick war doch ganz schön. Aber zum Meer konnte man nicht schauen (das hatte im Internet gestanden), aber das ist irgendwie klar, wo doch die Ausläufer der Great Dividing (haha das war nun wirklich nicht beabsichtigt) Range (und das auch nicht…) den ungehinderten Blick kreuzen.

Dalrymple Cattle Yard
Dalrymple Cattle Yard

Plan für den Morgen war es, den Dalrymple Sales Yard anzuschauen – eine der größten Umsatzmacher im Bereich Zuchtvieh. Hohe Fleischqualität ist immer gegeben und der teuerste Zuchtbulle des Landes kam hier unter den Hammer für 145.000 australische Dollar! Wir hatten uns also in den Kopf gesetzt, für einen absolut kleineren Preis ein hübsches Rindvieh zu ersteigern, das in unseren riesigen Kofferraum zu packen und mit nach Townsville zu nehmen. Dort hätten Andi und Tobi es auf ihren Camper geschnallt und hätten für mindestens drei Wochen ihrer Küstentour Milch und Fleisch gehabt. Jeden Mittwoch ab acht Uhr morgens findet im Sales Yard eine gewöhnliche Rinderauktion statt und die war der Hauptgrund für meinen dringenden Wunsch, nach Charters Towers zu fahren.

Versteigerungsbühne
Versteigerungsbühne

Der Mittwochs-Termin der Auktion fand auch konstant jeden Mittwoch dieser Saison statt. Aber aus irgendwelchen irrationalen Gründen gestern nicht. Die netten (und einzigen) anderen Leute auf dem Parkplatz dort waren extra 400km angereist gekommen und erzählten mir, dass es wohl den Tag vorher announced wurde, aber sie wussten nix davon. Und ich hatte sogar morgens noch mal auf der Homepage geschaut, da stand natürlich auch nix. Das war natürlich unendlich bedauerlich und stieß auf allgemeine negative Stimmung, die sich jedoch bald wieder dem Positiven annäherte. Wir taten spontan so, als wären wir „authorised personnel“ und bestaunten das Kuh-Stadion, wo auf steilen Tribünen die Menge sitzt wenn die Viecher gezeigt werden. Danach ging es in den „Danger – NO ENTRY!“-Bereich, auf die Metall-Gangways, die über die Rinderboxen führen, hier stehen normalerweise die Käufer und Verkäufer und feuern, so wie es aussah, Farbkugeln auf die zu versteigernden ab um entweder Preis oder Verkaufsstatus erkenntlich zu machen.

Irgendwie war das dann doch ganz cool und wir haben den Site Manager getroffen, wo wir grade Foto-Graph gespielt haben und mit den wenigen Rindern, die da waren, schicke Fotos gemacht haben. Allen stand die Panik schon ins Gesicht geschrieben, bis uns einfiel, wir sind ja nicht im spießigen Deutschland, also kriegen wir auch keinen Ärger. Der Site Manager (original Aussie mit Boots, Cowboyhut, Shorts und Karohemd) hat sich nur gefreut, dass wir nicht komplett umsonst angereist waren und wenigstens ein paar wenige Kühe zu Gesicht bekamen. Da dachten wir, der Wendepunkt wäre erreicht, und jetzt könnte nur noch alles wieder gut werden.

Monsterbulle
Monsterbulle

Aber falsch gedacht: zurück in der Stadt ging es zum Miners‘ Cottage, einem kleinen privaten Museum mit super Homepage ohne Preisangabe, wo man eine Führung kriegt, über den Goldrush erzählt bekommt, der aus Charters Towers ab dem späten 19. Jahrhundert eine reiche Goldgräberstadt machte, und selbst Goldpanning (Goldschürfen) ausprobieren darf. Zweiter Vorsatz des Tages: Wenn schon keine Kuh, dann doch minimal ‘ne Unze Gold. Leider zeigte sich die Situation vor dem schnuckligen kleinen Museum als kongruent zum Sales Yard: „Open only weekends“. Was zur Hölle?! Die Darstellung des Museums als größter Touristenfalle des Ortes war ja mal sowas von fehl am Platz, wenn die nur wochenends aufhaben!

gut, SO dargestellt, sieht jede Stadt groß aus
gut, SO dargestellt, sieht jede Stadt groß aus

Mit nach schräg-unten-rechtsgekrümmten Mundwinkeln schlappten wir also zurück zum Infocenter zu den drei netten Info-Ladies mit ihrer negativ unendlichen Motivation und fast-leeren Menge Infos. Der Heritage Trail durch die Stadt sollte noch ganz interessant sein. Neun uralte (aussie-alt, also 1900 rum) architektonische Gebilde konnten von außen besichtigt werden, eine weitere Stunde hier war gerettet. Aber halt, was sagt die Abbildung? Alle Punkte liegen auf einer Geraden mit Abstand von <20 Metern voneinander. Fünf Minuten später waren wir durch, weniger schlau, aber dafür mehr genervt.
Das andere kleine Museum in einem Haus, in dem es spuken soll, ist natürlich zufällig gerade an Privat verkauft worden und ist nur noch von außen zu besichtigen. Wollen die mich eigentlich stetig auf den Arm nehmen?

so richtig Aussie
so richtig Aussie

Einen zeitlich kurz definierten lustigen (und höchst australischen) Moment gab es, als wir auf der Bank vor dem Postoffice zwei ältere Herren sitzen sahen, die sich gemütlich unterhielten. Einer von ihnen hatte einen Cowboyhut auf und hatte zwischen Hut und Hutband dutzende Visitenkarten und Kassenbelege geklemmt. Das fand ich ne super Sache und dann bin ich spontan hin und habe gefragt, ob ich ein Foto mit ihm machen kann. Habe mich dann gleich so zehn Minuten oder so mit denen unterhalten – Lance (mit dem coolen Hut) und Kevin (sein Kumpel, der sich offensichtlich uncooler fand als ich da grinsend ankam und Lance um ein Foto bat) waren so richtige Einheimische und fanden es total positiv, dass wir paar deutsche Studis mal eben in die Provinz kommen für einen Tag. Aber wieso wir das denn täten, hier gäbs doch nix zu sehen? Ach…

Charters Towers
Charters Towers

Mit hängenden Köpfen, weil zwischen Charters Towers und Townsville nicht wirklich irgendwas anderes ist, womit man Zeit verbringen konnten, richteten wir uns wieder häuslich im klimatisierten Auto ein und ab ging es zurück durch schroffe Outback-Landschaft Richtung Küste. Die Verkettung der Ereignisse und deren Ausgang machte es uns unmöglich, den Trip in diese „tolle Stadt, die ja sooo viel zu bieten hat“ als deckungsgleich mit unseren Erwartungen zu sehen. Wenn man jedoch die Voraussagen diverser einheimischer Townsvilleans (also Großstädter) bedenkt, haben wir bewiesen, was zu beweisen war, denn alle haben gesagt, Charters Towers ist eigentlich langweilig (q.e.d. / ) und die Wahrscheinlichkeit, dass ich mich nochmal dorthin verirre, ist so gut wie infinitesimal.

Weil wir aber ja in Aussie sind,, durften wir natürlich nicht den Kopf gegen Null hängen lassen, denn auch wenn ein Abschnitt des Tages zu wünschen übrig lässt, heißt es noch lange nicht, dass man ihn mit einem disjunkten Ereignis nicht wenigstens ein bisschen wieder einrenken kann. Unsere Darstellungen waren daher wenig überraschend ziemlich deckungsgleich, als wir beschlossen: „Darauf erstmal Fish and Chips“ und so konnten wir wenigstens den Frühnachmittag in der Cosinus…äh cosiness von Strand und netten Leuten genießen…

 

Sodele, das wars und ich hoffe, ihr wisst meinen Aufwand zu schätzen, dass ich mir hier immer solche Mühen gebe, euch zu unterhalten. Und Papa, nur dass dus weißt: nein, ich bin immer noch nicht begeistert von den unendlichen Weiten der Mathematik. Ich finds nur amüsant, wie man sich so bescheuerte Worte für so einfache Dinge ausdenken kann.
Bleibt alle schön positiv und immer dran denken: Wenn man alles berechnet, gelingt nichts!

 

 

 

 


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